Die importierte Pflanze verdrängt heimische Gewächse und nimmt Insekten Nahrungsquellen. Naturschützer: An der Wurzel ausreißen.

Ahrensburg. Das Indische Springkraut bedroht nach Angaben des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) die einheimische Artenvielfalt im Norden. Das Gewächs, das im 19. Jahrhundert als Zierpflanze aus Kaschmir importiert wurde, überwuchert die Flora an zahlreichen Waldrändern und in Feuchtwiesen. Die einheimischen Pflanzen bekommen dadurch nicht mehr genug Licht ab. Somit gehen Nahrungsquellen für Insekten verloren.

"Es handelt sich hier um ein landesweites Problem", sagt Thomas Behrends, der als Biologe für den Nabu Schleswig-Holstein arbeitet. Auch im Landkreis Harburg bereitet das Springkraut den Naturschützern Kopfzerbrechen. "Bei uns sind die Böden zwar nicht so nährstoffreich wie in Schleswig-Holstein, aber auch hier verdrängt die Pflanze bereits die einheimische Flora", sagt Detlef Gumz, der für die Harburger Naturschutzabteilung arbeitet. Begonnen habe der Wuchs im Bereich der Elbmarsch. "Besonders extrem ist es inzwischen in der Esteniederung und an der Wümme", so Gumz.

Im schleswig-holsteinischen Kreis Stormarn, im Naturschutzgebiet Heidkoppelmoor bei Ammersbek schießt das Indische Springkraut inzwischen bis zu drei Meter in die Höhe. "Auf einmal hat es sich explosionsartig ausgebreitet", sagt die Zweite Vorsitzende des Nabu Ammersbek, Angelika Schmidt. Biologe Thomas Behrends ergänzt: "In einigen Waldbereichen wucherte zeitweise nahezu ausschließlich das Indische Springkraut." Dafür macht der Biologe den Regen verantwortlich. "Die Samen der Pflanze können schwimmen und verbreiten sich über Bäche und Flüsse", erklärt Behrends, "Durch den hohen Wasserstand geschah das in diesem Jahr besonders schnell." Aufgrund seiner Höhe und der extremen Blattdichte, nimmt das Springkraut anderen Pflanzenarten den Lebensraum. Unter anderem sei die seltene Orchideenwiese im Naturschutzgebiet Heidkoppelmoor bedroht gewesen. "Dort bestand akute Gefahr", erzählt Behrends. Der Biologe machte sich deshalb mit anderen Nabu-Mitarbeitern an die Bekämpfung des Krauts. "Als wir das Gewächs entdeckten, haben wir sofort begonnen und mehrere Tausend Pflanzen ausgerissen." Das sei die einzige Möglichkeit, die Ausbreitung des Krauts einzudämmen. "Es klingt banal, aber die Wurzeln sind ganz flach, deshalb funktioniert diese Methode." Im kommenden Jahr werde das Springkraut allerdings wiederkommen.

Die Pflanze schleudert ihre Samen katapultartig bis zu sieben Meter weit. Außerdem schwimmen diese auf dem Wasser, sodass die Ausbreitung mit bis zu 2000 Samen pro Pflanze besonders an Gewässern schnell voranschreitet. "Wir konnten zwar die neue Samenproduktion durch das Herausreißen der Pflanzen unterbinden, aber jetzt hängt alles davon ab, wie viele Samen noch im Boden sind und wie viele in den Bachläufen angeschwemmt werden", sagt Behrends. Da die Pflanzen "einjährig" seien, hat man bis zum kommenden Jahr Ruhe.

Gewächse wie der Blutweiderich und das Mädesüß werden vom Indischen Springkraut überwuchert. Damit ist die Nahrung für Bienen, Hummeln, Schmetterlinge und Schwebfliegen gefährdet. "Das Indische Springkraut zieht Bienen und Hummeln zwar an, es hat aber nur wenig Pollen. Davon können die Insekten nicht leben", erklärt Biologe Thomas Behrends. Durch die Ausbreitung des Krauts ist laut Naturschutzbund die gesamte Nahrungskette in Gefahr. "Einheimische Pflanzen ernähren die Insekten, die wiederum sind Nahrung für Vögel und Fledermäuse", so Angelika Schmidt. Außerdem brüten normalerweise Vögel in den flachen Gebüschen. Wenn diese vom Springkraut verdrängt werden, gelangen die Tiere nicht mehr an ihre gewohnten Nistplätze und verschwinden aus den Naturschutzgebieten. Angelika Schmidt sagt: "Die Ausbreitung des Indischen Springkrauts ist ein Angriff auf die Biodiversität."

Das Springkraut habe sich in Mitteleuropa als "absolute Pestpflanze" herausgestellt, sagt Behrends. "Hier hat es keine natürlichen Gegenspieler, und außerdem frisst kein einheimisches Tier das Springkraut." So kann die Pflanze sich ungehemmt ausbreiten.

Wer das nicht giftige Indische Springkraut entdeckt, sollte es direkt an der Wurzel ausreißen. Das ausgerissene Kraut könne man dann einfach zum Vertrocknen liegen lassen. Indisches Springkraut aus dem eigenen Garten ist am besten im Restmüll zu entsorgen. Schmidt: "Das ist die einzige Art sicherzugehen, dass es vernichtet wird."