Bei den Kontrollen an der Grenze zu Dänemark tummelten sich am ersten Tag vor allem Reporter. Der befürchtete Verkehrsstau blieb dagegen aus.

Fröslee/Ellund. Gut 100 Meter vor der Grenze zu Dänemark bremst Jendrik Nahe seinen schwarzen Audi ab. Mit Tempo 40 passiert der Hamburger auf der A 7 den Anhänger der dänischen Zollbehörde Skat, der mit einem gelben Blinklicht eine "Kontrol" ankündigt. Eine Handvoll Autos werden von Zöllnerin Laila Jessen freundlich durchgewinkt. Nahe nicht. Er muss hinter dem Begrüßungsschild des "Kongeriget Danmark" rechts auf den kleinen Rastplatz Fröslee abbiegen, auf dem einst die Grenzgebäude standen.

Der 20-jährige Hamburger dreht auf Bitte von Zöllner Orla Oleson die Fensterscheibe herunter, erzählt, dass er auf dem Weg in den Urlaub in Schweden ist. Oleson nickt, fordert Nahe in einem Mix aus Deutsch, Dänisch und Englisch auf, den Kofferraum des großen und teuren Wagens mit Münchner Kennzeichen zu öffnen. Darin liegen nur Reisetasche und Angelrute. Oleson bedankt sich brav mit einem kurzen Okay und lächelt in die Kameras. Rund um den Audi stehen Journalisten aus halb Europa und schauen genau zu, wie die Dänen mit den verschärften Kontrollen an der 69 Kilometer langen Grenze zu Deutschland beginnen.

"Wir werden künftig häufiger solche Kontrollen machen", warnt Skat-Leiter Erling Andersen. Möglich sei das, weil die Regierung in Kopenhagen die Zollbehörde für umgerechnet 35 Millionen Euro ausbaue, das Personal von 162 auf 260 Mann aufstocke. Die Mehrzahl der neuen Zöllner soll an der Grenze zu Deutschland patrouillieren, der einzigen Landgrenze des Königreichs. Andersen versucht zugleich, die Sorgen vieler deutscher Urlauber auszuräumen. "Es wird für Menschen, die am Sonnabend zum Bettenwechsel nach Dänemark fahren, keine Behinderungen geben." Die Kontrolltrupps, neun bis zwölf Zöllner, würden nur ab und zu für einige Stunden vor allem in Fröslee und den drei anderen größeren Übergängen in Saed, Padborg und Krusa nach dem Rechten sehen.

Schräg gegenüber, auf dem deutschen Rastplatz in Ellund, verfolgt Polizeihauptkommissar Matthias Menge fassungslos, wie mehr als 60 Journalisten aus Deutschland, Dänemark, Schweden, Polen, den Niederlanden und sogar aus der Schweiz den dänischen Zöllnern auf die Finger schauen. "Eine solche temporäre Kontrolle ist eigentlich nichts Spektakuläres", erzählt der Sprecher der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt. "Das machen wir auch." Allerdings ohne große Show.

In dieselbe Kerbe schlägt die Fraktionsvorsitzende der Dänen-Partei SSW im Kieler Landtag, Anke Spoorendonk. "Die Aktion an der dänischen Grenze in Dänemark ist reine Symbolpolitik." Die konservativ-liberale Minderheitsregierung in Kopenhagen habe auf Druck der rechtspopulistischen Dansk Folkeparti (DF) beschlossen, den Kontrolldruck an der Grenze zu erhöhen. "Die Regierung braucht jetzt Fernsehbilder, um zu belegen, dass sie den Deal mit der DF auch umsetzt", erklärt Spoorendonk. In Wahrheit verändere sich an der Grenze vorerst kaum etwas.

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Fakt ist, dass die Grenzdebatte eines der Hauptthemen im Folketings-Wahlkampf ist. Spätestens im November wählen die Dänen ein neues Parlament. Für die Regierung sieht es dabei nicht gut aus. Der "blaue Block" aus Venstre (Rechtsliberale), Konservativen und DF liegt in Umfragen nur bei 47 Prozent und damit erstmals seit zehn Jahren hinter dem "roten Block" aus Sozialdemokraten, "radikale venstre" (Linksliberale) und Grünsozialisten (53 Prozent). Die Opposition hatte den neuen Grenzkurs zunächst mitgetragen, lehnt ihn inzwischen aber ab.

"Das neue Parlament wird entscheiden, wie es an der Grenze weitergeht", prognostiziert Spoorendonk. Siegt der "rote Block", dürfte der Zoll nur etwas häufiger zu mobilen Kontrollen ausrücken. Gewinnt der "blaue Block", dürfte das Königreich seine Schotten weiter schließen. Die Pläne dafür liegen auf dem Tisch. "Es soll bis Ende 2013 feste Grenzstationen geben", erzählt Andersen. Der Verkehr werde dann auf mehreren Spuren an den Stationen vorbeigeleitet. Geplant ist der Einsatz hochmoderner Technik, vom Kennzeichen-Scanner über Röntgengerät bis hin zur Videokamera.

Bei den Details hält Andersen sich bedeckt, weil solche Überwachungsburgen an der Grenze mit dem Schengen-Vertrag und damit EU-Recht kollidieren könnten. In den festen Stationen soll zwar der Zoll das Kommando führen. Wie in Deutschland dürfen aber auch Zöllner in Dänemark nicht die Kennzeichen von Fahrzeugen mit Fahndungslisten abgleichen. Das darf hier wie dort allenfalls die Polizei, die sich nach dem Schengen-Vertrag an der Grenze aber zurückhalten muss.

Andersen spricht lieber über die wachsenden Probleme, insbesondere den Schmuggel von Drogen. "Die Zahlen sind ein bisschen alarmierend." In Fröslee schlägt der Drogenspürhund nicht an, obwohl die Zöllner in dem dürftigen Dienstagsverkehr die üblichen Verdächtigen herauswinken, Autos aus Holland, Belgien und Polen, auch Luxuswagen mit jungen Fahrern aus Deutschland wie Jendrik Nahe.

"Die Kontrolle ist überflüssig", findet der Hamburger, der auf ein Europa ohne Grenzen setzt. "Ich habe mich aber kaum aufgeregt, weil ich nichts befürchten musste", ergänzt er, steigt schnell in seinen Leihwagen und braust an den Journalisten vorbei auf die fast leere Autobahn ins Königreich Dänemark.