Magnus Mineralwasser aus Norderstedt investiert Millionen in die Produktion. Unter Chefin Gaby Gaßmann stiegen die Umsätze um 30 Prozent.

Norderstedt. Die Quelle von Gaby Gaßmanns Erfolg sprudelt im Verborgenen. Ein schlichter Stahldeckel in einer Ecke des Firmengeländes, mehr ist vom Schatz des Familienunternehmens nicht zu sehen. Denn die drei Brunnen, denen Magnus Mineralbrunnen seinen Namen verdankt, liegen bis zu 430 Meter unter der Erde. Täglich pumpen sie Tausende Liter natürliches Mineralwasser nach oben. Nur wenige Meter weiter wird es zu 20 verschiedenen Getränkesorten verarbeitet - laut Verordnung muss das Produkt direkt an der Quelle abgefüllt werden.

Diese unterirdische Vorratskammer ist das Kapital von Magnus Mineralbrunnen. Dazu kommen 28 Mitarbeiter und eine ambitionierten Chefin. Gaby Gaßmann, 38, Tochter des Inhabers, hat das Norderstedter Unternehmen wieder auf Erfolgskurs geführt. Kurz nach ihrem 29. Geburtstag vertraute ihr Vater ihr die Geschäftsleitung an, ließ sie die Firma umkrempeln und verjüngen. "Seitdem sind die Umsätze um 30 Prozent gestiegen, auch dieses Jahr rechnen wir mit einem Plus", sagt Gaßmann, eine lebenslustige Frau mit braunen Locken, knallblauen Augen und Zehn-Zentimeter-Absätzen.

Mit mehr als 40 Millionen Abfüllungen pro Jahr und einem einstelligen Millionenumsatz hat sich Magnus zu einem der größten unabhängigen Getränkehersteller in Norddeutschland gemausert. Weiteres Wachstum ist geplant: "Wir wollen 2012 das Nachbargrundstück kaufen, die Produktion erweitern und mindestens fünf neue Mitarbeiter einstellen", verrät Gaßmann dem Abendblatt. Kostenpunkt der Investitionen: acht bis zehn Millionen Euro. Das Platzproblem bei Magnus ist nicht zu übersehen. Die Norderstedter Firma ist eine der wenigen, die Mineralwasser auf zwei Stockwerken abfüllen. Im Erdgeschoss fahren täglich Dutzende Lastwagen vor, holen volle Flaschen ab und liefern Leergut. Ein Fahrstuhl bringt die Kisten zur Abfüllanlage im oberen Stock. Leere Flaschen klimpern und scheppern, Maschinen dröhnen, die sieben Arbeiter tragen einen Hörschutz. Wasserlachen glitzern im Neonlicht auf dem Steinboden. Seifenschaum tropft von den Laufbändern - darauf gleiten die Flaschen besser. Greifarme heben sie aus den Kisten auf ein Laufband, ein buntes Sammelsurium, grün und weiß, mit Etiketten von Wassermarken wie Bismarck, Jacobus und Vilsa. Die Marke ist egal. Hauptsache, es kommt genug Leergut aus dem Erdgeschoss hoch zur Abfüllanlage.

Die sommerlichen Temperaturen haben jene Saison eingeleitet, während der die Getränkehersteller über jede leere Flasche froh sind. "Wir müssen dem Leergut regelrecht hinterhertelefonieren", sagt Stephan Scholz, Betriebsleiter bei Magnus. "Schon jetzt gibt es einen Engpass, dabei hat der Sommer noch gar nicht angefangen." Da sich die deutschen Mineralbrunnen auf eine Norm bei den Flaschen geeinigt haben, müssen die Händler das Leergut nicht aufwendig nach Marke sortieren. Das erledigt eine Maschine, die weiße und grüne Flaschen trennt. "Die weißen halten mehr Druck aus, deshalb können wir sie mit mehr Kohlensäure befüllen", sagt Scholz.

Die Flaschen mögen bei allen Wasserproduzenten gleich sein, der Inhalt ist es nicht. Die mehr als 200 Brunnenfirmen in Deutschland haben rund 500 Mineralwasser im Sortiment, die in jeder Region unterschiedlich schmecken. Grund ist der spezifische Mineralstoffmix im Boden. Diese Vielfalt ist weltweit nahezu einmalig - kaum ein anderes Land hat einen solch großen Schatz an Mineralwasservorkommen wie Deutschland. Die Quelle unter Norderstedt enthält wenig Mineralien und ist daher selbst für Säuglinge geeignet.

Auf dem Weg zum Verbraucher durchläuft das Wasser diverse Kontrollpunkte. Spezialfilter entziehen ihm Eisen und Mangan, bevor es in die drei riesigen Tanks gepumpt wird. Stündlich untersuchen Mitarbeiter den CO2-Gehalt des Wassers. Die leeren Flaschen rattern unterdessen auf dem Laufband in eine überdimensionale Waschmaschine, so geräumig wie eine Garage.

Sie reinigt die Flaschen acht Minuten bei 80 Grad, kühlt sie dann ab, damit sie bei der Befüllung nicht platzen. Fünf Meter weiter heben Greifarme das saubere Leergut in eine Art Karussell und befüllen es mit Mineralwasser. Insgesamt 38 000 Flaschen pro Stunde schafft die Abfüllanlage, das sind rund zehn pro Sekunde. Deckel drauf, Etikett dran, schon erstrahlen die Flaschen in der Magnus-Optik.

Das Markenbild ist das liebste Betätigungsfeld von Gaby Gaßmann. Erst im Februar verpasste sie den Etiketten einen Relaunch mit fröhlichen Luftblasen und bunten Farben. "Bei höherpreisigen Produkten ist das Markenbild besonders wichtig", sagt Gaßmann. Sie muss es wissen, denn Marketing ist ihr Steckenpferd. Nach Abitur und Banklehre studierte sie BWL, arbeitete beim Aufbau der Berliner Werbeagentur Heimat mit. Dann ging der Geschäftsführer von Magnus Mineralbrunnen, das seit den 70er-Jahren zur Firmengruppe von Gaßmanns Vater gehörte, in Rente. Gaby Gaßmann griff zu und übernahm. "Ich hatte damals keine Ahnung von Logistik oder Technik", erzählt sie. "Damit die Mitarbeiter mich nicht als Püppchen wahrnehmen, habe ich erst mal Praktika bei anderen Mineralbrunnen gemacht." Nebenbei baute sie sogar eine zweite Firma auf: Die Magnus Hall, ein Veranstaltungszentrum an den Elbbrücken. Sie ist für Gaby Gaßmann das Gegengewicht zum bodenständigen Wassergeschäft - und der perfekte Ort, um Mineralwasser von Magnus vor großer Kulisse in Szene zu setzen.