Die Partei Die Linke streitet vor der Landtagswahl in Schleswig-Holstein im Mai mehr mit sich als mit dem Gegner. Anders in Niedersachsen.

Kiel/Hannover. Für die Linken in Schleswig-Holstein kann es recht eng werden. Die Protestpartei hat im Kieler Landtag steht nach zweieinhalb Jahren Frontalopposition bei der Landtagswahl am 6. Mai vor dem Aus. Anders die Linken in Niedersachsen: Sie mischen im Landtag eifrig mit - und nach der Wahl am 20. Januar 2013 vielleicht noch mehr.

In Schleswig-Holstein backen die Linken kleinere Brötchen. Sie möchten zwar den Wahlerfolg vom Herbst 2009 (6,0 Prozent) wiederholen, liegen in den Umfragen aber meist unter fünf Prozent. "Die Lage ist alles andere als einfach", berichtet die Landesprecherin der Linken, Jannine Menger-Hamilton. Sorge bereiten ihr etwa die Piraten, die als neue Protestpartei im Stimmenrevier der Linken wildern. "Wir sind die tatsächlichen Freibeuter", sagt Menger-Hamilton bitter. Die Linken wollten schließlich den Reichen etwas wegnehmen und es den Armen geben.

Bei den Küsten-Linken gibt es aber auch hausgemachte Probleme. Der Landesverband gehört im Bundesvergleich zu den Sorgenkindern, die Landtagsfraktion hat sich im Parlament selbst isoliert. Im Gegensatz zu allen anderen Fraktionen lehnte die Linke die Schuldenbremse ab, die Schleswig-Holstein vor der Pleite retten soll. Die Linksfraktion machte zudem nicht nur Front gegen fast alle Sparbeschlüsse, sondern forderte in Anträgen sogar Mehrausgaben vor allem im Bildungs- und Sozialbereich. Selbst SPD und Grüne winkten ab, weil die Vorschläge unbezahlbar und damit letztlich populistisch waren.

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"Die Linke hat im Landtag nichts erreicht", bilanziert SPD-Fraktionschef Ralf Stegner. Der Grüne Robert Habeck, der eigentlich mit jedem gut auskommt, urteilt kaum milder. "Die Zusammenarbeit mit der Linken hat sich insgesamt als schwierig herausgestellt."

Selbst Linken-Spitzenkandidatin Antje Jansen zögert einen Moment, als sie nach den Erfolgen ihrer Fraktion gefragt wird. "Wir haben ein Verbot von Zirkustieren durchgesetzt", sagt sie dann. Gemeint ist der Beschluss, dass Schleswig-Holstein eine Bundesratsinitiative von Hamburg und Hessen unterstützt, die den Bundestag dazu bewegen soll, Wildtiere aus den Manegen von Wanderzirkussen zu verbannen.

Landeschefin Menger-Hamilton, die als Pressesprecherin der Fraktion arbeitet, fallen andere Erfolge ein, Resolutionen gegen Nazi-Aufmärsche oder der Kampf um einen Mindestlohn. Dazugelernt hat die Linke nicht. Ihr Wahlprogramm enthält den längsten und teuersten Wunschzettel aller Parteien, verspricht mehr Lehrer trotz sinkender Schülerzahlen, drei kostenlose Kita-Jahre und Gratis-Schülerfahrkarten für alle Pennäler. Die Mehrkosten, mindestens 470 Millionen Euro im Jahr, soll vor allem der Bund einspielen - über eine stärkere Besteuerung von Vermögenden und Firmen.

So umstritten wie das Programm ist auch das Führungspersonal der Linken. Menger-Hamilton, einst SPD-Mitglied, muss die Landespartei seit einem Jahr allein führen, weil die linke Basis den zweiten Platz in der Doppelspitze nicht besetzen konnte. Die Realpolitikerin, die Kontakte zu anderen Parteien pflegt, wird allerdings nicht im Landtag sitzen. Im Kampf um einen aussichtsreichen Listenplatz servierte die Basis ihre Landeschefin ab. Ebenso erging es dem profiliertesten Linken-Politiker im Landtag, Heinz-Werner Jezewski. Auch er fiel durch, während Jansen triumphierte. Die Spitzenkandidatin war einst Landesvorsitzende der Grünen, dort Kopf des Fundi-Flügels.

Für den Fall eines Wiedereinzugs in den Landtag hat Jansen bereits angekündigt, dass die Linke in der Opposition bleibt. "Es gibt keinerlei Annäherung an die SPD." Für den Kieler Politikwissenschaftler Professor Joachim Krause ist das ein weiterer Beleg, dass der Linken in Schleswig-Holstein die Luft ausgeht. "Wer keine Verantwortung übernehmen will, kann nichts bewirken und wird letztlich nicht gebraucht."

In Niedersachsen zeigt die Linke, dass es auch anders geht. Mit 7,1 Prozent und elf Abgeordneten zog sie Anfang 2008 sicher in den Landtag ein.

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Der Start war noch holpriger als der in Kiel: Die aus dem kommunistischen Spektrum kommende Abgeordnete Christel Wegener verteidigte in einem Fernsehinterview den Mauerbau, zeigte Sympathie für die Stasi und wurde aus der Fraktion umgehend ausgeschlossen. In der Folgezeit aber leistete die Fraktion Sacharbeit, und es gelang ihr durchaus, sich neben den langjährigen Parlamentsparteien zu positionieren.

Als Parlamentspräsident Hermann Dinkla (CDU) die Neulinge völlig überflüssig rügte, es sei unüblich, im Parlament zu klatschen, spendeten nach dem nächsten Redebeitrag prompt SPD und Grüne ebenfalls demonstrativen Beifall. Es war der Beginn einer vorsichtigen Annäherung, die im Resultat zu gemeinsamen Entschließungsanträgen der drei Oppositionsfraktionen führte. Bei allen Unterschieden in Grundsatzfragen ist klar, dass je nach Ergebnis der Landtagswahl in neun Monaten die Option denkbar ist, ein rot-rot-grünes Regierungsbündnis zu schmieden.

SPD-Fraktionschef Stefan Schostok sieht die Linkspartei in Niedersachsen "zu großen Teilen im Parlamentarismus angekommen". Seine Diagnose: "Sie haben eine Vision von Politik, aber programmatisch einen erheblichen Nachholbedarf bei konkreten Reformplänen." Was ihn nervt: "Die attackieren uns häufig stärker als die real existierende schwarz-gelbe Landesregierung als Folge des Gründungsmythos, sich als Wettbewerber der SPD zu positionieren."

Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel bemängelt, gerade in Finanzfragen sei die Linken-Fraktion "völlig jenseits der Realität". Aber er sagt auch: "Im Vergleich zum ersten Jahr haben sie inzwischen Parlamentsarbeit gelernt und eigene Akzente gesetzt."

Ein Selbstgänger wird die Wahl in Niedersachsen für die Linken gleichwohl nicht. In Umfragen pendelt die Partei um die Fünf-Prozent-Marke.