Bahnunternehmen AKN bestellt neue Dieseltriebwagen. Elektrifizierung der Strecke von Hamburg nach Kaltenkirchen verzögert sich

Kaltenkirchen. Der Zeitplan für die Elektrifizierung der AKN-Strecke zwischen Hamburg und Kaltenkirchen ist offenbar nicht mehr zu halten. Ab 2015 sollen zunächst neue Dieseltriebwagen statt elektrisch betriebener S-Bahn-Züge auf der Strecke zwischen Hamburg und Kaltenkirchen verkehren. Mehr als 50 Millionen Euro lässt sich die AKN die Fahrzeuge kosten.

Die Neufahrzeuge ersetzen altersschwache Triebwagen, die spätestens Mitte des Jahrzehnts ausgemustert werden müssen. Sie werden so lange auf der Hauptstrecke der AKN unterwegs sein, bis der erste elektrisch betriebene Zug dort fährt. Wann Kaltenkirchen, Henstedt-Ulzburg und Quickborn an das moderne Schnellbahnnetz Hamburgs angebunden werden, ist allerdings offen. Nicht einmal die Finanzierung ist gesichert.

"Entscheidungen müssen bis zum Jahr 2010 fallen", hatte der ehemalige AKN-Chef Klaus Franke stets gemahnt, der sich vehement dafür eingesetzt hatte, die Dieseltriebwagen ersetzt werden. Doch seine Mahnungen sind in der Politik nicht durchgedrungen, sodass sich der Aufsichtsrat jetzt für eine Zwischenlösung entschied. Demnach soll die europaweite Ausschreibung für die neuen Dieselfahrzeuge Mitte Juni beginnen. Die Auswertung solle bis Herbst dauern, dann werde die AKN die neuen Züge bestellen, sagte der Sprecher des Verkehrsministeriums in Kiel, Harald Haase. Insgesamt soll es zunächst 13 Exemplare geben, die die 15 ältesten Triebwagen des Baujahres 1976 ersetzen sollen.

Die neuen Züge schlagen mit einem Stückpreis zwischen vier und 4,5 Millionen Euro zu Buche. Der Fuhrpark der AKN gilt schon lange als veraltet und entspricht kaum den Standards für den öffentlichen Nahverkehr in einer großstädtisch geprägten Region. Die Motoren sind laut und stoßen Rußwolken aus. In den Fahrzeugen fehlen Klimaanlagen und barrierefreie Zugänge.

Branchen-Insider befürchten allerdings, dass nach der Anschaffung neuer Dieselfahrzeuge der Druck auf die Politik nachlassen könnte, den S-Bahn-Anschluss des westlichen Kreises Segeberg mit Nachdruck voranzutreiben. Bislang wurde nicht einmal eine Grundsatzentscheidung der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein getroffen, denen die AKN je zur Hälfte gehört.

100 Millionen Euro würde das Projekt insgesamt kosten. Rund 50 Millionen Euro würden auf die Anschaffung elektrisch betriebener Triebwagen entfallen, die das Bahnunternehmen bezahlen müsste, das auf der Strecke unterwegs sein wird. Ob das die AKN sein wird oder beispielsweise die Hamburger S-Bahn, ist ebenfalls noch offen. Die zweite Hälfte der Investitionen müssten Bund und Land in den Bau der Oberleitungen bis nach Kaltenkirchen und die Verlängerung von Bahnsteigen stecken. Dass die S-Bahn-Anbindung technisch machbar ist, belegt ein Gutachten, das die AKN im vergangenen Jahr in Auftrag gegeben hat. Ein weiteres Gutachten soll nun das Kosten-Nutzen-Verhältnis klären.

Doch auch diese Analyse dürfte nicht ausschlaggebend dafür sein, dem Projekt den erforderlichen Schub zu verleihen. Die öffentlichen Mittel sind knapp, die Konkurrenz ist groß. Verkehrsplaner in Hamburg und Schleswig-Holstein geben unisono der geplanten S-Bahn-Linie 4 (Ost) über Ahrensburg nach Bad Oldesloe den Vorzug. Sie soll deutlich mehr Fahrgäste von der Straße auf die Schiene locken als die Kaltenkirchener Verbindung. Außerdem könnte die neue S-Bahn für eine Entlastung des Hamburger Hauptbahnhofs sorgen, der seine Kapazitätsgrenzen erreicht hat.

Ein weiteres Konkurrenzprojekt für die Kaltenkirchener S-Bahn zeichnet sich in den Kreisen Pinneberg und Steinburg ab. Eine Verbindung von Hamburg über Elmshorn und Itzehoe nach Wrist (S 4 West) würde die Zahl der Fahrgäste von 6000 auf 9500 täglich steigern, sagte Ministeriumssprecher Haase. Der Anstieg nach einer Elektrifizierung zwischen Hamburg und Kaltenkirchen würde 4000 Fahrgäste betragen. Derzeit fahren 5000 pro Tag. Nach einer Elektrifizierung der Strecke nach Kaltenkirchen wäre die Anschaffung der neuen Dieseltriebwagen nicht vergebens gewesen. Die AKN könnte die Lückenbüßer verkaufen oder sie auf der Linie nach Norderstedt und Bad Bramstedt/Neumünster einsetzen.