Die Querung bei Darchau soll 45 Millionen Euro kosten. Im Januar nächsten Jahres soll es eine Bürgerbefragung zu dem Thema geben.

Lüneburg. Der Landkreis Lüneburg lässt seine Bürger über den Bau einer 45 Millionen Euro teuren Elbbrücke abstimmen. Eine Bürgerbefragung soll parallel zur niedersächsischen Landtagswahl am 20. Januar kommenden Jahres Klarheit über das umstrittene Vorhaben bringen. Damit wird ein weiteres Kapitel geschrieben über einen Brückenbau, der die Menschen an der Elbe sowie die Politiker in Lüneburg und Hannover schon seit fast 20 Jahren beschäftigt.

Die Elbquerung soll die rechtselbische Gemeinde Amt Neuhaus besser mit der Stadt Lüneburg und den Orten im Kreisgebiet verbinden. Bislang gibt es zwei Fähren, eine zwischen Bleckede und Neu Bleckede und eine weitere zwischen Neu Darchau und Darchau, mit denen Personen und Fahrzeuge über den Fluss setzen können.

+++ Rot-Grün beantragt Bürgerbefragung zur Elbbrücke +++

Das Amt Neuhaus nimmt in der deutschen Geschichte eine besondere Rolle ein, weil sie als einzige ehemalige DDR-Gemeinde einem westdeutschen Bundesland beigetreten ist. Nach der Wende 1990 bestanden in dem heutigen Gemeindegebiet zunächst noch acht selbstständige Gemeinden. Nach den ersten demokratischen Wahlen zu den Gemeindevertretungen im Mai 1990 beschlossen die acht Gemeinderäte jeweils einstimmig die Umgliederung von Mecklenburg-Vorpommern nach Niedersachsen.

Die Menschen fühlten sich wegen der Zugehörigkeit des Amtes Neuhaus zur Provinz Hannover bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs dem Landkreis Lüneburg verbunden. Über die Elbe hinweg bestanden auch nach 40 Jahren DDR-Diktatur noch familiäre, kirchliche und wirtschaftliche Verbindungen. Auch ohne Brücke. Mit einem Staatsvertrag zwischen den Ländern Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen wurde das rechtselbische Amt Neuhaus am 30. Juni 1993 in den Landkreis Lüneburg eingegliedert.

Seitdem wird auch der Brückenbau versprochen und kontrovers diskutiert. Der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff sagte in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident den Menschen im Amt Neuhaus die Brücke ebenso zu wie sein Nachfolger David McAllister (CDU). Entscheidend vorangekommen ist das Projekt jedoch nicht. Der Landkreis Lüneburg hatte aufgrund eines Kreistagsbeschlusses von 2001 zwar versucht, eine Elbbrücke bei Neu Darchau auf dem Gebiet des Nachbarkreises Lüchow-Dannenberg zu planen und zu bauen. Der Planfeststellungsbeschluss wurde jedoch 2007 vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht Lüneburg gekippt, weil die Zuständigkeit nicht allein beim Landkreis Lüneburg gelegen hatte. Inzwischen haben sich die Kreise verständigt, und die Lüneburger planen weiter.

Im November 2010 wurden die Verkehrs-, Schall- und Umweltgutachten fertig. "Mittlerweile liegen alle benötigten Gutachten vor, sie müssen jedoch noch in Details überarbeitet werden", sagt Katrin Peters, Sprecherin des Landkreises Lüneburg. Im nächsten Schritt soll das Raumordnungsverfahren für die Brücke eingeleitet werden. "Darüber entscheidet der Kreistag im Mai." Noch vor der Bürgerbefragung soll das Verfahren abgeschlossen werden. Es ist die Vorstufe zur Baugenehmigung.

Auch wenn die Planungen weiterlaufen, so stehen Differenzen zwischen dem Landkreis und dem Land über die Finanzierung der Brücke weiter im Raum. Nach derzeitigem Stand würde die 1,6 Kilometer lange Brücke 45 Millionen Euro kosten. Der Landkreis will sich mit höchstens zehn Millionen Euro am Bau beteiligen, der Nachbarkreis Lüchow-Dannenberg mit 700 000 Euro und das Land mit 2,3 Millionen Euro. Den Rest tragen Bund und EU. Knackpunkt sind die Kosten für die spätere Unterhaltung der Brücke, die auf 700 000 bis 800 000 Euro im Jahr beziffert werden. Das Land Niedersachsen will sich daran nicht beteiligen, obwohl es der Kreis fordert. Zudem würde der Landkreis das Risiko steigender Baukosten alleine tragen. Denn auch in diesem Punkt verweigert das Land bislang Hilfe.

+++ Neues Gutachten zur Elbbrücke in Neu Darchau liegt vor +++

Landrat Manfred Nahrstedt (SPD) sagt: ,,Wir werden bauen, wenn es finanzierbar ist." Mit der jetzt beschlossenen Bürgerbefragung erhofft er sich einen Kostendeckel und ein stärkeres Gewicht bei weiteren Verhandlungen in Hannover. "Wenn die Mehrheit der Bürger sagt, bei zehn Millionen Euro ist Schluss, kann ich mit ihren Stimmen Druck beim Land machen", sagt er.

Doch auch wenn sich Kreis und Land einigen sollten und die Bürger bei der Befragung für die Brücke stimmen, könnten abermals Jahre vergehen, bis sie wirklich kommt. Dann nämlich drohen Klagen.

Denn die Elbquerung ist mitten in einem der sensibelsten Schutzgebiete geplant, im Biosphärenreservat Niedersächsische Elbtalaue. Das gefällt Naturschützern nicht. Und auch den Grünen nicht, die mit der SPD die Mehrheitsgruppe im Kreistag bilden. Zudem erkennen die Grünen keinen wirtschaftlichen Nutzen in der Brücke.

Das sehen viele Menschen an der Elbe anders. Für sie wäre die Brücke eine wichtige Verbindung. Denn der Ostkreis Lüneburg, zu dem die Gemeinden an der Elbe gehören, leidet jetzt schon: Junge Menschen kehren vielen Orten den Rücken. Hatte das Amt Neuhaus bei der Rückgliederung mehr als 5900 Einwohner, so sind es heute nur rund 4900.

Die Befragung wird nicht das erste Votum der Bürger sein. Ein Förderverein für den Brückenbau sammelte bereits 10 000 Unterschriften. Doch neben den Befürwortern gibt es auch ebenso großen Widerstand gegen das Projekt: Viele Bürger in Neu Darchau lehnen den Brückenbau in ihrem Ort ab.