Mietgärten für Großstädter kommen immer mehr in Mode. In Norderstedt und Stapelfeld gibt es jetzt zwei neue Anbieter. Infoabende im Februar.

Norderstedt/Stapelfeld. Erbsen aus dem Glas? Möhren aus der Dose? Bratkartoffeln aus der Tüte und schlaffe TK-Bohnen? Schnell- und Fertiggerichte? Immer mehr Familien aus Hamburg und Umgebung ziehen ihr Gemüse selbst, obwohl sie gar keinen Garten haben: Sie mieten sich auf einem Acker ein. Einer dieser Äcker ist auf dem Hof Rehders in Norderstedt im Kreis Segeberg, ein weiterer auf Hof Delfs in Stapelfeld im Kreis Stormarn. Beide laden im Februar zu Informationsabenden über die Mietgärten ein.

Die Äcker werden gepflügt, von Kraut befreit, der Landwirt sät und setzt fachgerecht bis zu 20 Gemüsesorten ein, Bohnen und Erbsen, Mangold und Möhren, Salat, Spinat und Zucchini. Die Familien, die sich auf diesem Acker ein Stück Gemüsegarten mieten, müssen nur noch jäten, gießen und - ernten. Und auch dabei helfen die Landwirte ihren "Rent a Garden"-Kunden.

Entwickelt haben die Mietgärten zwei Frauen aus Bonn. Dort starteten Natalie Kirchbaumer und Wanda Ganders ihr ungewöhnliches Projekt. "Als Studentinnen haben wir Döner und Co. gegessen, das ist nicht so gesund, und wir haben festgestellt, dass eine gesunde, leckere Ernährung ohne eigenen Garten schwierig ist", sagen Kirchbaumer und Ganders. Einen Kleingarten zu pachten, war ihnen zu aufwendig. Sie fuhren aufs Land, fragten Bauern nach einem Beet zum Selbstbeackern, entwickelten daraus ihre Geschäftsidee "Meine Ernte" und - entdeckten eine Marktlücke.

Die kreativen Frauen küdigten ihre gut dotierten Jobs, stellten ihr Projekt den Landwirten bei Bonn vor, die ersten sechs Mietgarten-Äcker entstanden. Sie dehnten ihren Garten-Radius nach Süden und Osten aus und gründeten bis jetzt 17 Mietgarten-Äcker zwischen Berlin und Wiesbaden. Die Garten-Idee boomt. Familien aus ganz Deutschland wollen Gemüsebeete mieten. Allein aus Hamburg haben sich mehr als 200 Interessenten für einen Garten vormerken lassen. "Mit den Höfen Rehders in Norderstedt und Hof Delfs in Stapelfeld haben wir die ersten zwei Landwirte für unser Projekt 'Meine Ernte' in der Hamburger Region gefunden", sagt Kirchbaumer.

"Das ist eine sehr reizvolle Idee", sagt Kathrin Rehders von Hof Rehders im Ortsteil Glashütte in Norderstedt. Sie studiert im dritten Semester Agrarwissenschaften an der Kieler Universität und liegt genau auf der grünen Linie der "Meine Ernte"-Gründerinnen. "Die Verbraucher ernten ihr eigenes Gemüse und lernen gleichzeitig, wie Landwirtschaft funktioniert", sagt die 20-Jährige. Sie würden nicht einfach nur in den Supermarkt gehen, sondern erfahren, warum Erdbeeren im Frühsommer süßer schmecken als eingefrorene oder gar eingeflogene Erdbeeren im Winter.

"Manche Kinder meinen, dass Möhren in der Dose wachsen, Kartoffeln aus der Tüte kommen und Erbsen aus dem Glas. Mit einem eigenen Garten lernen sie, wie spannend es ist, Möhren aus der Erde zu zupfen und Kartoffeln wachsen zu sehen", sagt Kathrin Rehders. Schon im vorigen Jahr fragten Kirchbaumer und Ganders bei der Landwirtsfamilie Rehders nach einem Acker für die Mietgärten.

"Wir hatten zu viel Arbeit, doch jetzt möchte unsere Tochter Kathrin das Projekt leiten, und wir sind ganz gespannt, welche Gartenmieter zu uns kommen", sagen Christa und Hans-Jürgen Rehders. Noch stehen auf dem Acker am Grünen Weg in Norderstedt-Glashütte Maisstoppeln.

"Den Acker pflüge ich um, lege Beete an, rundherum säe ich einen Grasstreifen, stelle noch eine Bank auf, sodass die Mietgärten auch zum Verweilen einladen", verspricht Rehders. Ende April, Anfang Mai werden die kleinen Gemüsegärten den Mietern übergeben.

"Jeder bekommt eine Reihe mit seiner Wunschgröße, jeder kann seinem Garten einen Namen geben, den wir auf ein Schild schreiben und am Garten aufstellen", sagt der Landwirtschaftsmeister. "Die Mieterfamilien werden aus Hamburg-Eppendorf, Eimsbüttel, Harvestehude, Winterhude kommen, dort gibt es keinen Raum für Gemüsegärten", sagt Diplom-Agraringenieurin Christa Rehders. Das Ehepaar bewirtschaftet den Hof mit insgesamt 85 Hektar Fläche bereits in der dritten Generation.

Einmal pro Woche will die Landwirtsfamilie eine Gärtnerstunde geben. "Wir lassen die Gartenmieter nicht allein und sagen, wie man richtig Kraut jätet, richtig gießt, ohne die zarten Pflanzen zu beschädigen, wie man nach der ersten Ernte nachsäen kann, beispielsweise Salat, und Schädlingen zu Leibe rückt", sagt Rehders, der die Mietgärten als Sorglospaket und als gelungenes Mittelstück zwischen Kleingärten und Wochenmarkt ansiedelt.

Auch sein Kollege Jochen Delfs aus Stapelfeld ist von der Idee "Meine Ernte" überzeugt. "Wir spotten immer über die Großstädter, dass sie Kartoffeln nicht von Kohlrabi unterscheiden können. Mit den Mietgärten geben wir ihnen die Möglichkeit, selbst Gemüse zu ziehen und zu ernten," sagt Delfs. Er sei gespannt, wie viele Interessenten sich melden würden. Wie Rehders wird er den Acker pflügen, anlegen und die Saat ausbringen. "Vielleicht ziehe ich noch einen Zaun, je nachdem, wie das Wild einfällt", sagt Delfs. Zudem hofft er, die Gartenmieter auch als Kunden für seinen Hofladen zu gewinnen, in dem er Fleisch von eigenen Rindern, Eier, Kartoffeln und Kaminholz anbietet. Einmal pro Woche oder alle 14 Tage, je nach Bedarf, gibt es auch auf Hof Delfs eine Informationsstunde über Beetpflege, übers Säen und Ernten.

"Wir sind auf Wachstum gepolt, denn was ist leckerer, als selbst geerntete Erbsen und Bohnen zu essen", sagen Kirchbaumer und Ganders und suchen weitere Landwirte für ihre Idee.