Der 39-jährige Lehrer ließ Fünftklässler Schwarzpulver herstellen und daraus Rohrbomben bauen. Ermittlungen stehen kurz vor Abschluss.

Lübeck. Die Palinger Heide grenzt direkt an Lübecker Stadtgebiet. Zu DDR-Zeiten waren hier Grenzsoldaten stationiert. Seit dem Mauerfall ist das Gebiet östlich der Landesgrenze vor allem bei Naturfreunden beliebt. Im Frühjahr 2010, möglicherweise noch einmal im folgenden Sommer, muss die Heide von einer starken Explosion erschüttert worden sein. Wie heftig die Detonation war, untersucht derzeit das Landeskriminalamt im Auftrag der Lübecker Staatsanwaltschaft. Die Ergebnisse sind zentraler Bestandteil des Verfahrens gegen einen Lehrer der Lübecker Waldorfschule.

Der 39-jährige Pädagoge soll in der Palinger Heide einen oder mehrere "unkonventionelle Sprengkörper" gezündet haben - zu Anschauungszwecken und im Beisein der Schüler seiner 5. Klasse. Möglicherweise zündeten die Schüler auch selbst. "Es besteht der Verdacht des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz", sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Klaus-Dieter Schulz. Die Ermittlungen laufen bereits seit einem Dreivierteljahr. Ein Ergebnis wird in den kommenden zwei Monaten erwartet.

Zu klären ist nicht nur, ob der Lehrer gegen die Bestimmungen im Umgang mit Sprengstoff verstoßen hat, sondern auch, ob er seine ihm anvertrauten Schüler in Gefahr gebracht hat. Denn das sah die Mutter eines anwesenden Schülers so und erstattete im Mai vergangenen Jahres Anzeige. Zu diesem Zeitpunkt lag das explosive Experiment allerdings bereits ein Jahr zurück.

Wie die Mutter in den "Lübecker Nachrichten" berichtet, soll der 39-Jährige mit 30 Schülern im Klassenzimmer Rohrbomben gebaut haben. Sie sollen zusammen Schwarzpulver hergestellt, in Rohre gefüllt und mit Wunderkerzen gezündet haben. Die Schüler hätten bei der Detonation nur 30 Meter entfernt gestanden - ohne Schutzvorkehrungen - und sollen die Druckwelle im Bauch gespürt haben.

Ziel des Experiments sei die Darstellung der Wirkung von Schwarzpulver und nicht der Bau einer Rohrbombe gewesen, ließ der Lehrer über seinen Anwalt ausrichten. Eine persönliche Stellungnahme lehnte er ab. Gegenstand des Verfahrens sei ein "größerer Chinaböller" erklärte Anwalt Frank-Eckhard Brand. Kein Kind sei gefährdet gewesen. "Nach meiner jetzigen Einschätzung liegt der Fall im Bagatellbereich, es gibt keinen terroristischen, keinen militärischen Hintergrund."

Die Schule hat den Lehrer abgemahnt, aber im Amt belassen. "Die betroffene Lehrkraft genießt weiterhin das Vertrauen des Vorstandes, der Schulführungskonferenz und der Elternschaft", sagte der Geschäftsführer des Vereins zur Förderung der Waldorfpädagogik Lübeck, Hans Peter Scherer, den "Lübecker Nachrichten".