Tausende Menschen schieben sich über das Kopfsteinpflaster, bepackt mit Tüten voll Blumen-, Kräuter- und Gemüsetöpfchen.

Rosengarten. Wer seine Schätze nicht mehr tragen kann, gibt sie zur Aufbewahrung ab. Hunderte von Plastiktüten reihen sich in den "Auffanglagern" aneinander, warten darauf, von ihren Besitzern nach Hause gebracht zu werden.

Am Wochenende fand im Freilichtmuseum Am Kiekeberg wieder der traditionelle Pflanzenmarkt statt. Weit über die Grenzen Hamburgs bekannt, hat er bei strahlendem Sonnenschein rund 20.000 Besucher aus ganz Deutschland und dem angrenzendem Ausland angelockt.

Ein Andrang, bei dem man schnell den Überblick verlieren kann. Damit das nicht passiert, dafür sorgen vor allem zwei Männer.

Helge Zock sitzt auf seinem Stuhl und schaut sich das bunte Treiben an, lächelt zufrieden. Das blaue Zeltdach, das ihn vor der Sonne schützen soll, ist schon von weitem zu sehen. Hier, am Informationsstand, werden alle Fragen rund um den Markt beantwortet. Wo bekommt man die schönsten Rosenstämmchen, in welchem Umfeld fühlt sich der erstandene Rhododendron wohl und wo hat der Händler mit den aromatischen Kräutern vom letzten Jahr seinen Stand aufgebaut? Der Staudengärtnermeister aus Norderstedt hat auf fast alles eine Antwort - und was er nicht weiß, fällt Fridolin Wagner ein, der links von ihm Platz genommen hat.

"Wir beide sind seit dem ersten Jahr dabei", erinnert sich Friedolin Wagner. Das war Ende der 90er-Jahre. Der Pflanzenexperte und Autor für Garten- und Gestaltungszeitschriften blättert die Aussteller-Liste durch. Mehr als 100 Namen sind darauf vermerkt. Mit den Jahren seien es immer mehr geworden. Helge Zock und Friedolin Wagner kennen fast alle.

"Der Sonnabend ist immer Jäger- und Sammlertag", sagt Helge Zock und lacht, "dann kommen viele Hobby-Gärtner und Pflanzenliebhaber. Die haben schon ganz viel Grundlagenwissen." Friedolin Wagner nickt. Das typische Gartencenter-Publikum treffe man dann selten. Der Sonntag ist Familientag.

"Wo finde ich denn außergewöhnliche Orchideen?", fragt eine junge Frau. Helge Zock fährt mit dem Finger den grünen Lageplan entlang. "Versuchen Sie es mal bei Gartenbau Härtl", sagt er, dann zeigt er in Richtung Haupthaus.

Die junge Frau bedankt sich. Fünf Minuten später hält sie einen Topf mit einer Tibetischen Orchidee in der Hand. Preis: 40 Euro.

"Das Besondere an Orchideen ist, dass sie sich nur in Verbindung mit einem speziellen Pilz vermehren und auch leben können", erklärt Helge Zock. Das müsse man bedenken, wenn man diese Blume in den Garten pflanzt. Überhaupt sei die Pflanzensoziologie ganz wichtig. Wie sind die klimatischen Bedingungen, wie ist die Bodenbeschaffenheit und welche Pflanzen befinden sich in der unmittelbaren Umgebung? "Das ist etwas, was viele Menschen gar nicht wissen", so Friedolin Wagner.

Ulrich Stürzebächer aus Hamburg stellt eine Staude auf dem Tisch des Informationsstandes. "Ich habe eine Aronia gekauft, was mache ich jetzt damit?", fragt der Hamburger und lacht. Helge Zock beruhigt den Gartenbesitzer: "Der Apfelbeerstrauch ist ganz pflegeleicht, den können sie fast überall dazupflanzen."

"Diese neuen Wildobstsorten sind sehr beliebt", verrät er anschließend. Was Trend ist, schnappen die beiden Pflanzenexperten an ihrem Stand als eine der ersten auf: "Hortensien gehen nach wie vor, ansonsten werden Kürbis, Tomaten und Wildobst immer beliebter." Und was ist die teuerste Pflanze auf dem Staudenmarkt? "Da fragen sie mal bei der Staudengärtnerei Peters nach", sagt Friedolin Wagner und zwinkert. Kleine Töpfchen mit Leberblümchen zieren Jürgen Peters Verkaufstische. "Sie wollen meine teuerste Pflanze sehen?", fragt er, hebt die Tischdecke und zieht einen Kasten hervor. "Das ist die Hepatica nobilis var nobilis/Alba Plena Marmorata." Preis: 500 Euro. "Die Leberblümchen sind so teuer, weil sie so selten sind. Vier bis fünf Exemplare gibt es nur davon und die wachsen extrem langsam", betont der Gärtner. "Liebhaber sammeln diese Blumen genau wie Briefmarken." Aber Jürgen Peters hat auch andere Sorten. Das günstigste Leberblümchen bekommt man für zehn Euro.

Später, wenn es auf dem Kiekeberg leerer wird, schlendern Friedolin Wagner und Helge Zock von Stand zu Stand und fachsimpeln mit den Kollegen. Helge Zock: "Dabei können wir auch noch viel lernen."