Pflegeeltern-Initiative Pfeil Harburg ruft für Mittwoch zu einem Protestmarsch vom Jugendamt zum Amtsgericht in Winsen auf.

Winsen. Mit einer Demonstration vor dem Jugendamt in Winsen will die Pflegeelterninitiative Pfeil Harburg am kommenden Mittwoch um 16 Uhr ihre Anteilnahme am Fall des Hamburger Pflegekindes Dennis kundtun.

"Das Schicksal des Pflegekindes Dennis, das nach fünfeinhalb Jahren und einem für die Pflegeeltern zermürbenden und ruinösen Rechtsstreit um Umgangsrechte für den leiblichen Vater und dessen Mutter vom Jugendamt aus der Pflegefamilie herausgenommen wurde und nun in einem Heim lebt, hat viele Menschen über die Grenzen des Landkreises Harburg hinaus bewegt", sagt Götz Gerke, Vorsitzender von PFEIL. Inzwischen haben Niedersachsens Justizminister Bernd Busemann (CDU) sowie seine Parteikollegin, Sozialministerin Aygül Özkan, für eine sachliche Aussprache aller Beteiligten plädiert. "Für Dennis aber hat sich in den letzten vier Wochen nichts geändert", sagt Götz Gerke. "Er lebt weiterhin getrennt von seinen Pflegeeltern in einem Heim." Pfeil will, dass in der Auseinandersetzung das Schicksal des Kindes nicht in Vergessenheit gerät. "Eigentlich sollte das Wohl des Kindes zu jedem Zeitpunkt im Fokus aller Verantwortlichen stehen, deshalb besteht eine Dringlichkeit", sagt Gerke. Das Motto der Demo lautet: "Kindeswohl an erster Stelle - viele Stimmen für Pflegekind Dennis." Gerke: "Dort hat jeder die Möglichkeit, seine Gefühle und Wünsche für Dennis aufzuschreiben und sie mit Ballons in den Himmel steigen zu lassen. Damit wollen wir sagen: 'Wir vergessen Dennis nicht!'"

Anschließend wollen die Demo-Teilnehmer vom Jugendamt zum Amtsgericht ziehen, um die beiden verantwortlichen Behörden daran zu erinnern, sich uneingeschränkt für das Wohl des Kindes einzusetzen. "Wie es die Menschlichkeit gebietet, aber auch der Gesetzgeber verlangt", sagt Gerke.

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Kann solch ein jahrelanger Konflikt überhaupt gelöst werden? "Ja, wenn der Grundkonflikt bearbeitet wird", sagt die Hamburger Rechtsanwältin und Mediatorin Susanne Perker. Dieser bestehe darin, dass die Pflegeeltern aufgrund der familiären Situation von einer Dauerpflege ohne Rückkehroption in die Herkunftsfamilie ausgehen mussten, während der leibliche Vater und die Großmutter von Beginn an Vormundschaft und Sorgerecht anstrebten.

"Um den Konflikt zu lösen, müssten gemeinsame Gespräche mit allen Beteiligten stattfinden. Wechselseitige Hausbesuche, sich näher kennenlernen, sich respektieren lernen und Ängste abbauen", sagt Susanne Perker, Vorsitzende des Hamburger Instituts für Mediation. "Aus der systemischen Konfliktwissenschaft wissen wir, dass der Ausschluss von einem oder mehreren Mitgliedern eines Systems aus dem System zwangsläufig zu Konflikten führen muss. Alle müssen dazugehören. Dafür müssen sie die Regeln des Systems befolgen." Und diese lauteten: "Alle müssen respektiert werden. Es muss ein Gleichgewicht von Geben und Nehmen herrschen. Und alle müssen akzeptieren: Das neue System ist wichtiger als das alte."

Um Verletzungen zu beheben, gilt als Wichtigstes: aussprechen, was ist. Transparenz und Fairness für alle. Vielleicht könne dann jemand sagen: "Es tut mir leid, das wollte ich nicht." Vielleicht brauche der Verletzte noch einen Ausgleich für die entstandene Verletzung. Solange diese Verletzungen und die zugrunde liegenden Interessen nicht geklärt werden, werde das Ergebnis so katastrophal bleiben wie bisher. "Und kann in Resignation, Depression, Aggression oder Autoaggression umschlagen, obwohl alle beste Absichten haben." Die Institutionen sollten die Beteiligten unterstützen. "Die Mediation ist hierfür ein geeignetes Mittel, da sie den Parteien ihre Autonomie belässt und ergebnisoffen ist", sagt Perker.