Viele Abendblatt-Leser wollen Anna und Peter Schneider in ihrem Kampf um ihren Pflegesohn Dennis unterstützen

Hamburg/Winsen. Mit Wut, Empörung und Fassungslosigkeit haben viele Abendblatt-Leser auf den Fall des Pflegekindes Dennis reagiert, über den das Abendblatt am Freitag berichtet hatte.

"Wir sind ein bundesweites Netzwerk von Eltern und Großeltern. Immer wieder erreichen uns Meldungen über solch grausame Urteile. Es ist unübersehbar: Gerichte und Jugendämter sind personell und fachlich vollkommen überfordert, der viel missbrauchte Begriff 'Kindeswohl' ist nirgends definiert und wird willkürlich ausgelegt", sagt Johannes Zink von der privaten Eltern-Initiative "Kindern zuliebe" aus Norderstedt. "Hier ist es das Gericht, das jeden Bezug zur Menschlichkeit verloren hat. Mal werden Kinder zu unzumutbaren Elternkontakten gezwungen, in anderen Fällen werden liebevolle Kontakte zu getrennt lebenden Elternteilen gerichtlich abgebrochen. Jedes Mal werden Kinderseelen zerstört. Lebenslänglich. Wir fordern seit Langem die Pflicht zur Qualifikation von Richtern."

Im Fall von Dennis hat der Richter am Amtsgericht Winsen nicht nur den Pflegeeltern, sondern in seinem Beschluss vom Januar 2011 auch dem Amtsvormund ein Ordnungsgeld in Höhe von mindestens 5000 Euro angedroht, falls er seiner Verpflichtung zur Anweisung der Pflegeeltern, "die gerichtliche Umgangsordnung zu befolgen", nicht nachkomme.

5000 Euro Strafgeldandrohung für einen Amtsvormund - das halten viele Experten für einen bundesweit einmaligen Vorgang. "In meiner langjährigen anwaltlichen Praxis auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendhilfe habe ich das noch nie erlebt", sagt der Hamburger Professor Christian Bernzen, 49. Der Experte für Kinder- und Jugendhilferecht sagt, das eigentliche Problem hinter diesem Fall sei aus seiner Sicht ein zu defensiver Umgang des deutschen Rechts mit dem Kindeswohl. "Leider fällt es uns in Deutschland immer noch sehr schwer, uns klar und eindeutig auf das Kindeswohl zu konzentrieren. Immer noch wird ein eigenständiges Elternrecht neben dem Kindeswohl vermutet und nicht ernst genommen, dass das Elternrecht vollständig fremdnützig strukturiert ist", sagt Bernzen. "Es soll dem Kindeswohl dienen. Nichts mehr ist seine Aufgabe." Bernzen hält es für erforderlich, "Dauerpflegeverhältnisse rechtlich so zu stabilisieren, dass sie auch zivilrechtlich zu einem eigenen Rechtsinstitut zwischen Adoption und Pflege nach heutigem Standard werden". Eine solche Regelung müsste auch zu einem breiteren Beurteilungsspielraum der Pflegeeltern bei der Gestaltung von Umgangsrechten führen.

Genau dieses erhoffen sich die betroffenen Pflegeeltern Anna und Peter Schneider. "Wir haben überhaupt nichts gegen begleitete Besuchskontakte mit dem leiblichen Vater oder der Großmutter von Dennis an einem neutralen Ort", sagen sie. Es geht ihnen nur um die unbegleiteten Treffen, auf die ihr Pflegekind regelmäßig mit massiven Essstörungen reagiert hat. "Dennis hat sich nach den Besuchen in Hamburg zwei Wochen lang erbrochen und gewürgt und jedes Mal rapide an Gewicht verloren."

Um Dennis die seelischen Qualen zu ersparen und weil sie finanziell ruiniert worden sind, haben die Schneiders nach fünfeinhalb Jahren den juristischen Streit mit Jugendamt und Amtsgericht aufgegeben. Ein Akt der Verzweiflung, den sie bereuen. Dennis wurde vor drei Wochen abgeholt und in ein Heim gebracht. "Unser größter Wunsch ist es, dass es uns gelingt, Dennis wieder zu uns zu holen", sagte Anna Schneider am Freitag.

Viele Leser wollen die Schneiders in ihrem Kampf um Dennis unterstützen. Manche wollen spontan spenden, um den Schneiders bei ihrer Auseinandersetzung mit dem Amtsgericht in Winsen Beistand zu leisten.

"Ich kann es kaum in Worte fassen, wie sehr mich ihr obiger Artikel empört und gleichzeitig traurig macht. Mein Rechtsempfinden wird von dem zuständigen Richter mit Füßen getreten, und aus meiner Sicht haben Jugendamt und Gericht in übelster Weise versagt", schreibt Andreas Hennings. "Was diesem Kind angetan wird, wird man wohl nie wieder gutmachen können. Die geschädigten und vernachlässigten Kinder in Hamburg in der jüngsten Vergangenheit haben offensichtlich noch nicht genug zur Sensibilisierung der zuständigen Stellen geführt, sonst würden solche Dinge nicht wieder passieren."

Dass mehr solcher Fälle passieren als bisher bekannt ist, zeigen die Reaktionen der Leser. "Wir brauchen dringend Möglichkeiten und rasch handelnde, übergeordnete Schiedsstellen, die in derartigen Situationen Entscheidungen zum Wohle der Kinder treffen. Leider ist dieser Fall nur einer von vielen", schreibt Edith Aufdembrinke von DAGO Kinderlobby e. V.