Die Gewährleistungsfrist richtet sich immer nach dem Vertrag und kann vier Jahre betragen

Der Tag der Abnahme ist gekommen. Der Bauherr nimmt sein neu gebautes Haus unter die Lupe und schaut, ob die Handwerker ihre Arbeit zu seiner Zufriedenheit erledigt haben. Er entdeckt keine gravierenden Mängel und nimmt das Haus offiziell ab. Damit beginnt die Gewährleistungsuhr zu laufen. Die Gewährleistungsfrist richtet sich immer nach dem jeweiligen Vertrag. Sie kann auch vier Jahre betragen. Entdeckt der Bauherr innerhalb dieser Zeit einen Mangel, der auf unsachgemäße Handwerkerarbeit zurückzuführen ist, kann er vom Handwerksbetrieb verlangen, dass der Mangel beseitigt wird.

Häufig fallen dem Bauherrn aber schon bei der Bauabnahme störende Unebenheiten auf. "Bei geringfügigen Mängeln muss er das Werk dennoch abnehmen", sagt die Rechtsanwältin Katharina Feddersen von der Kanzlei Graf von Westphalen. Handwerksarbeit auf dem Bau sei eben Handarbeit, da könne man keine computergesteuerte Präzisionsarbeit erwarten. Mängel, die auf den ersten Blick nicht auffallen und die die Funktionsfähigkeit des Werks nicht beeinträchtigen, müssten als unwesentlich toleriert werden. "Häufen sich diese kleinen Mängel dagegen erheblich, sollte man die Abnahme verweigern und eine Mängelbeseitigung verlangen." Während kleine Mängel, beispielsweise eine kaputte Fliese, meist problemlos beseitigt werden, kann der Auftraggeber bei größeren Mängeln gegebenenfalls auch darauf bestehen, dass das Werk neu erstellt wird.

Fällt bei der Abnahme ein gravierender, "ein wesentlicher Mangel" auf, sollte die Abnahme unbedingt verweigert werden, rät Rechtsanwalt Volkmar Meyhöfer von der Kanzlei Klemm & Partner. "Man sollte auch nicht zahlen, bevor der Mangel behoben ist." Als Faustregel gelte, dass man das Doppelte der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten einbehalten dürfe.

Für gravierende Baumängel haftet der Architekt, der die Bauaufsicht hatte

"Problematisch wird es, wenn man einen Mangel bei der Abnahme nicht sieht, er aber dennoch gravierend ist", sagt Katharina Feddersen. "Ist die Dämmung eines Hauses feucht geworden, weil die Baustelle nicht regenfest abgedeckt war, zeigt sich der Mangel erst später durch Kältebrücken oder Schimmelbildung." Dann muss der Sachverhalt in der Regel von einem Gutachter geklärt werden. Für gravierende Baumängel haftet auch der Architekt, wenn er die Bauaufsicht hatte - ausgenommen sind die sogenannten handwerklichen Selbstverständlichkeiten, um die er sich nicht kümmern muss. Grundsätzlich ist der Handwerksbetrieb verpflichtet, einen Mangel in einer angemessenen Frist zu beseitigen, es sei denn, dies ist mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden. Kommt es in dieser Frage zu einem Konflikt, sollte ein Anwalt eingeschaltet werden. Dazu Mayhöfer: "Kann ein Mangel nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten beseitigt werden, fällt der Anspruch des Auftragsgebers auf Mangelbeseitigung weg. Er kann dann einen Schadensersatzanspruch geltend machen." Im Extremfall könne der Bauherr auch vom Vertrag zurücktreten.

Was ist ein unwesentlicher und was ein wesentlicher Mangel? Darüber lässt sich gut streiten - und es wird auch gestritten. "Mit Gewährleistungsauseinandersetzungen haben wir ständig zu tun", sagt Meyhöfer. Dazu gehören auch die vielen Fälle, bei denen ein Mangel erst später innerhalb der Gewährleistungsfrist auftritt oder auffällt. Dann muss mitunter nicht nur geklärt werden, ob überhaupt ein Mangel vorliegt, sondern auch, wer ihn verursacht hat. Solche Auseinandersetzungen sind selten ohne einen Gutachter zu klären, sagt Volkmar Meyhöfer.

Wird der Gutachter privat bestellt, trägt der Auftraggeber zunächst einmal die Kosten. Wenn der Gutachter aber bestätigt, dass er zu Recht beauftragt wurde, weil tatsächlich ein Mangel vorlag, der vom Handwerksbetrieb verursacht wurde, hat der Auftraggeber gegenüber dem Unternehmen einen Erstattungsanspruch. Stellt sich dagegen heraus, dass der Schaden durch falsche Handhabung seitens der Bewohner entstanden ist, muss der Auftraggeber das Gutachten bezahlen.

Grundsätzlich muss dem Handwerker die Chance gegeben werden, den Mangel zu beseitigen. Der Auftraggeber kann nicht sofort dessen Lohn kürzen. Die Kosten für die Mängelbeseitigung (Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten) trägt die Handwerksfirma. Ist der Bauherr auch mit der Mangelbeseitigung nicht zufrieden, muss der Handwerker noch einmal anrücken. Ist das Ergebnis dann immer noch nicht zufriedenstellend, kann der Auftraggeber weitere Versuche ablehnen und seine Rechte auf Minderung geltend machen. Meyhöfer: "Irgendwann verliert das Handwerksunternehmen das Nachbesserungsrecht. Das ist aber jeweils als Einzelfrage zu bewerten."

Nähert sich die Gewährleistungsfrist ihrem Ende, sollte man, so der Rat von Katharina Feddersen, noch einmal durchs Haus gehen und prüfen, ob irgendwelche Mängel aufgetreten sind und den Handwerker zur Mängelbeseitigung auffordern.

"Sollte er nicht reagieren, empfiehlt es sich, einen Anwalt einzuschalten und ein sogenanntes selbstständiges Beweisverfahren einzuleiten, da dieses die Verjährung unterbricht." Generell sei es aber schwieriger, einen Mangel auf eine fehlerhafte Handwerksleistung zurückzuführen, je mehr Zeit von der Gewährleistung abgelaufen sei. Auch Käufer von Eigentumswohnungen oder Fertighäusern sind in Bezug auf Gewährleistungsansprüche Bauherren gleichgestellt. Meyhöfer: "Wenn man eine Eigentumswohnung kauft, die noch nicht fertiggestellt ist, unterschreibt man einen Bauträgervertrag, auch wenn in der Regel Kaufvertrag drauf steht. Als Erwerber hat man auch die Mängelrechte nach dem Werksvertragsrecht." Allerdings muss man die Mängel nicht den Handwerkern anzeigen, sondern dem Anbieter, der sich dann mit den Handwerksbetrieben auseinandersetzen muss.

Übrigens - wer Handwerksleistungen an Schwarzarbeiter vergibt, hat keine Gewährleistungsansprüche.