In den Bezirksämtern erläutern Bauprüfer auf Wunsch, welche detaillierten Vorgaben der Bebauungsplan macht

Hamburg. Vor dem inneren Auge steht das neue Haus schon. Satteldach, helle Putzfassade und bodentiefe Fenster. Ein Grundstück ist auch schon ins Auge gefasst. Das alte Haus, das hier steht, müsste abgerissen werden, um Platz für den Neubau zu machen. Doch geht das alles so einfach, wie man es sich vorstellt? Auskunft geben die Hamburger Bezirksämter, die genau wissen, was und wie in einer bestimmten Straße in einem Stadtteil gebaut werden darf. "Wir haben in Hamburg eine kundenfreundliche Struktur aufgebaut, damit der Bürger alle Informationen aus einer Hand erhält", sagt Katrin Sprick, die Leiterin des Zentrums für Wirtschaftsförderung, Bauen und Umwelt im Bezirk Bergedorf. "Hier bekommt man auch eine Bauberatung durch Bauprüfer." Die wissen, welche Auflagen in einem Bebauungsplan enthalten sind und was auf den einzelnen Grundstücken machbar ist. "Wenn man weiß, welche planungsrechtlichen Vorgaben es gibt, ob offene oder geschlossene Bauweise vorgesehen ist, wie die Baugrenzen, Baufenster und Baulinien sind, weiß man, ob man das Haus seinen Vorstellungen entsprechend bauen kann."

Auch Flachdach, Klinker oder Putz sind in den Bebauungsplänen festgelegt

Liegt das Baufenster, das Ort und Abmessungen des Hauses vorgibt, an der Straße, kann man beispielsweise keinen großen Vorgarten planen. Ist eine bestimmte Dachneigung vorgeschrieben, muss man auf ein Flachdach verzichten oder bei einer Klinkervorgabe auf Putzanstrich. Durch Bebauungspläne ordnet und leitet der Bezirk das Baugeschehen in seinem Einflussbereich, damit der Charakter der Wohnlage bewahrt wird. Er legt fest, wie viel Fläche bebaut werden, Wohnfläche entstehen darf und wie der Baukörper zu liegen hat. Ist das zulässige Baufenster voll ausgeschöpft, darf das Haus nicht durch Anbauten erweitert werden.

Ein Nein muss aber nicht immer so kategorisch sein, wie es im ersten Moment klingt. Rechtsprechung ist nie statisch, und so bietet auch das Baurecht Interpretationsspielräume. "Man muss immer den Einzelfall betrachten", sagt der Architekt Nils Denker von "denker.denker.architekten". "Es gibt kaum Bauvorhaben, bei denen wir nicht mit den Ämtern diskutieren und Befreiungsanträge stellen mussten." Mal mit, mal ohne Erfolg. So hat er eine Befreiung für ein Projekt in Volksdorf erhalten, während ihm diese für ein ähnliches Projekt in Othmarschen verweigert wurde. "Es gibt Vorzeigeviertel, deren Charakter unbedingt bewahrt werden sollen. Da wird uns klipp und klar gesagt: Von unseren Vorgaben weichen wir nicht ab." Befreiungen von der Regel sind immer Präzedenzfälle, auf die sich andere Bauherren später berufen können. Einige wollen sich mit einem Nein nicht zufriedengeben und ziehen vor Gericht, weiß Nils Denker.

Er hat schon Fälle erlebt, wo Bauherren drei bis vier Jahre im Rechtsstreit lagen, um ihre Sicht der Dinge durchzusetzen. "Wir müssen dem Bauherrn sagen: Wir sind Architekten und können das Baurecht interpretieren und Ihnen sagen, wie es zu sehen ist." Aber letztlich gehe es dabei um rechtliche Aspekte, bei denen juristischer Beistand notwendig sei.

Neu- und Anbauten müssen nach der Energiesparverordnung gebaut werden

Das Baurecht als Ordnungsinstrument hat, so Denker, seinen Sinn. Mitunter aber erscheint es ihm zu detailverliebt. Warum muss geregelt sein, ob man einen Zaun bauen oder eine Hecke pflanzen muss? Doch es gibt auch viele positive Beispiele, in denen sich die Ämter überzeugen lassen. "Im Bergedorfer Landgebiet wollten wir ein Passivhaus nicht parallel zum Deich bauen, sondern so, dass es eine klare Südausrichtung hat." Man konnte sich auf einen Kompromiss einigen. In Hamburg müssen Neu- und Anbauten gemäß der Energieeinsparverordnung (EnEV) gebaut werden. Eine Ausnahme, so Volker Dumann, Sprecher der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, könne man bei der Bauaufsicht des Bezirkes beispielsweise beantragen, wenn das Haus denkmalgeschützt sei oder wenn die Maßnahme eine unbillige Härte für den Eigentümer darstelle. Weiche ein Bauherr ohne Erlaubnis von der EnEV ab, entscheide die Bauaufsicht nach eigenem Ermessen, "ob, wann und wie sie gegen den Verstoß vorgeht". Zum Instrumentarium gehört als äußerste Maßnahme ein Bußgeld von bis zu 50 000 Euro.