Beim Marketing von Immobilien werden Kunden mit schönen Begriffen und städtebaulichen Visionen gelockt

Hamburg. Ihre Namen wecken Träume: Sophienpalais, Emporio, Marco-Polo-Tower, Kristall. Und sie sind vor allem eines: Erfindungen geschickter Immobilienvermarkter. Sie geben den Häusern schöne Namen und machen aus dem Gebäude ein Objekt der Begierde. Besonders luxuriös, besonders unvergleichlich - so steigt der Preis, und das Haus wird zur Marke.

"Es genügt nicht mehr, einfach ein Gebäude hinzustellen", sagt Nikolas Curtius, Geschäftsführer der Agentur Curtius Lütten, die seit mehr as zehn Jahren Kommunikationsstrategien für Immobilien und Neubauviertel entwickelt. "Es muss Eigenschaften haben, die es von anderen unterscheidet." Curtius Lütten betreut zum Beispiel die Vermarktung des Kristalls, der Anfang 2011 fertig sein soll. In zwei Türmen mit riesigen Glasfronten werden auf 20 Stockwerken 37 Eigentumswohnungen gebaut, jede rund 200 m² groß, entworfen laut Werbetext vom "international renommierten" Architekten Antonio Citterio, auf Wunsch gibt es "maßgeschneiderte Einrichtungen" und einen "24-Stunden-Doorman".

Im Vordergrund der Vermarktung steht aber vor allem das Areal zwischen Fischauktionshalle und Stilwerk, das den Namen "Holzhafen" bekommen hat. Hier soll der Kristall stehen. "Wir suchen nach Alleinstellungsmerkmalen", sagt Curtius. "Zu den Vorteilen zählen Elblage und Elbblick, doch das bietet auch die HafenCity. Den Holzhafen hebt das gewachsene Quartier hervor, mit seinen Kneipen und Restaurants. Darum haben wir in der Vermarktung besonderen Wert auf diesen Aspekt gesetzt." Es sei wichtig, sich auf wenige Eigenschaften zu fokussieren, so der Werbefachmann: "Wir sind schon froh, wenn eine Botschaft zum Konsumenten durchdringt und sich einprägt."

Daher spiele auch der Name des Gebäudes eine große Rolle. "Wir betreuen auch das ehemalige Unilever-Haus in der Neustadt", sagt Curtius. Das Bürohaus war zu 100 Prozent mit Unilever identifiziert. Es brauchte eine neue Identität - der Name "Emporio" war der erste Schritt. Emporio vereint das lateinische Wort "emporuim" für Markt und Handelsplatz sowie das deutsche Wort "empor" für hoch, oben. Das Alleinstellungsmerkmal ist "Weitsicht": "Das Haus ist von Weitem zu sehen. Es ist mittendrin, und man hat einen tollen Ausblick über die Stadt", so Curtius.

Für die Vermarktung von Eigentumswohnungen werden auch prominente Namen gern genommen. Karl Lagerfeld entwarf im vergangenen Jahr im Sophienpalais in Harvestehude eine Musterwohnung, "Showroom" genannt. Knapp 60 Luxuswohnungen ließ der Projektentwickler Frankonia Eurobau errichten - in einem Gebäude, das wegen seiner neoklassizistischen Formen unter Denkmalschutz steht: Es wurde 1937 für Wehrmacht und Auslandsspionage von den Nationalsozialisten erbaut. Ein Umstand, der bei der Vermarktung der Immobilien im Sophienpalais, Teil der Anlage Sophien-Terrassen, aber nicht erwähnt wurde.

Denn der Markt ist heiß umkämpft. Das Maklerbüro Dahler & Company verkauft Luxuswohnungen im Marco-Polo-Tower in der HafenCity, 70 Prozent seien bereits vermietet. Dazu ließ das Unternehmen eigens Wohnräume und Schlafzimmer von Behnisch Architekten, Ulrike Krages und Davide Rizzo ausarbeiten. "Ein Laie kann sich nicht vorstellen, wie ein leerer Raum eingerichtet aussieht", sagt Curtius. Darum würden heute Inneneinrichter in die Vermarktung mit eingebunden. Auch ein BMW werde schließlich mit fertigem Innenraum verkauft.

Der Hamburger Architekt Joachim Reinig betrachtet diesen Trend mit Skepsis. Reinig, der sich unter anderem mit der Renovierung des Michels einen Namen gemacht hat, sagt, viele Menschen seien stilistisch unsicher, würden sich deshalb an Vorbildern wie Chipperfield oder Lagerfeld orientieren. "Doch man soll sich fragen: Passt das wirklich zu mir und will ich wirklich eher in einem Showroom leben?"

Das sieht offenbar nicht jeder so: Für 25 Millionen Euro waren die Wohnungen in den Sophien-Terrassen im März verkauft, obwohl mit dem Bau noch nicht einmal begonnen worden war. Auch im Marco-Polo-Tower sind laut Dahler & Company schon knapp 80 Prozent der Wohnungen verkauft - und das bei einem Durchschnittspreis von 12 000 Euro pro m². Dass so hohe Preise im Verkauf erzielt würden, hält Curtius für eine Meisterleistung des Marketing: "Die Menschen zahlen für eine Vision." Björn Dahler, Geschäftsführer des Maklerbüros, sagt, er stecke ein bis 1,5 Prozent des Marktvolumens in die Vermarktung: "Dieses Volumen errechnen wir bei der Entwicklung des Projekts." Viele Bauherren und Makler würden nicht so viel Geld dafür veranschlagen, sagt Dahler, "aber wir halten das für sinnvoll und für angemessen."