Technologien, die den Treibstoffverbrauch senken, gewinnen an Bedeutung. 150 Fachleute machten dazu in Hamburg Vorschläge.

Fähren und Frachter, die mit verflüssigtem Erdgas fahren, Lenkdrachen, deren Zugkraft die Hauptmaschine unterstützt, und ein kleines bordeigenes Kraftwerk, das aus der Abwärme des Schiffsmotors Strom erzeugt, sind Techniken, die Seeschiffe klimafreundlicher machen. Zwar verbrauchen Schiffe, verglichen mit anderen Verkehrsträgern, konkurrenzlos wenig Energie für den Gütertransport. Aber Wachstumsprognosen legen nahe, dass die Schifffahrt ein zunehmend wichtiger Emittent von Treibhausgasen wird, wenn die Branche nicht gegensteuert. 150 Experten berieten auf einer Fachtagung der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, was zu tun ist.

Heute beträgt der Anteil der Schifffahrt am globalen Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) knapp drei Prozent. Das größere Problem sind die Luftschadstoffe (Schwefeldioxid, Stickoxide, Rußpartikel), die Schiffe in Häfen oder in Küstennähe abgeben und damit die Gesundheit der dort lebenden Menschen belasten. Denn ihr Treibstoff besteht meist aus Raffinerie-Rückständen, Schweröl genannt.

Hier ist Besserung in Sicht: Im Oktober 2008 beschloss die internationale Seeschifffahrtsorganisation IMO "den Ausstieg aus dem Schweröl", wie Petra Bethge es formuliert. Sie leitet die deutsche Delegation im Umweltausschuss der IMO. Bethge: "Wenn vom Jahr 2020 an nur noch Treibstoffe mit Schwefelgehalten unter 0,5 Prozent zugelassen sein werden, ist der Einsatz von Schweröl nicht mehr möglich", der Umstieg auf sauberere Treibstoffe sei programmiert.

Zusätzlich lässt die IMO regionale Initiativen zu: Ihre Mitgliedsländer (167) können sogenannte Emissionskontrollgebiete einrichten, englisch abgekürzt ECA. Dort dürfen von 2015 an nur noch Schiffe fahren, deren Treibstoff ein Schwefel-Limit von 0,1 Prozent einhält. Ein Jahr später treten Grenzwerte für Stickoxide in Kraft, die 80 Prozent niedriger liegen als der Weltstandard. Die USA und Kanada wollen ihre gesamte Küstenlinie als ECA ausweisen. In Nord- und Ostsee sind bereits heute die Schwefelemissionen begrenzt.

Mit Vorgaben zum Klimaschutz tut sich die IMO dagegen schwer: "Die Regeln müssen für alle Mitglieder gelten, auch für Entwicklungs- und Schwellenländer. Aber für sie enthält das heute bestehende Kyoto-Protokoll keine Vorgaben zur Reduktion ihres Treibhausgasausstoßes", sagt Bethge. Deshalb blockierten die Länder die Diskussion und wollten die Ergebnisse des Uno-Klimagipfels im Dezember in Kopenhagen abwarten.

Eines ist klar: Energieverbrauch wird zukünftig auch für die Schifffahrt deutlich teurer, sei es durch steigende Treibstoffpreise, Klimaabgaben, Schiffsdesign-Vorschriften oder durch den Einbezug in den Handel von CO2-Emissionszertifikaten. Deshalb stoßen technische Ansätze, den Energieverbrauch zu senken, vermehrt auf Interesse. Etwa das Konzept der Stromerzeugung aus der Wärme von Abgasen der Hauptmaschine, das die Firma Siemens entwickelte. Das heiße Abgas treibt eine Turbine an und erzeugt Dampf für eine zweite Turbine. Gemeinsam erzeugen sie über einen Generator Strom. Dieser versorgt die Bordelektrik (Kühlaggregate in den Containern, Kombüse, Klimaanlage) oder treibt den Propeller mit an. "Das Konzept erlaubt es, die Hauptmaschine bis zu 30 Prozent kleiner auszulegen", sagt Ernst-Christoph Krackhardt, Schiffsingenieur bei Siemens. Die Wärmerückgewinnung spare acht bis zwölf Prozent Energie und die gleiche Menge CO2-Emissionen, so Krackhardt. Zudem mache der Hybridantrieb das Schiff flexibler: "In ECA-Gebieten können Sie ohne Hauptmaschine nur mit Elektromotor fahren. Die zwei Hilfsdiesel erzeugen dann den Strom."

Jörg Sträussler, der ehemals als Kapitän Bohrinsel-Versorgungsschiffe steuerte, setzt dagegen auf das sauberere Flüssig-Erdgas. Eine Gasflottille sei vor der norwegischen Küste bereits in Fahrt: vier Offshore-Versorger, zehn mittelgroße Fähren und drei Schiffe der Küstenwache. "Gerade hat ein indischer Auftraggeber zwei RoRo-Fähren mit Gasbetrieb bestellt", so Sträussler.

Im Rahmen des Vereins Baltic Energy Forum will er im Projekt Magalog eine Erdgasinfrastruktur im Ostseeraum aufbauen. "Die ersten Häfen, in denen man Erdgas bunkern können wird, werden Lübeck und Trelleborg sein", kündigt er an. Weitere Partner sind Rostock, Swinemünde (Polen), Klaipeda (Litauen) und Riga (Lettland) sowie mehrere Fährlinien als Erdgaskunden.

Bereits 2008 schlug die Hamburger Firma SkySails hohe Wellen beim Klimaschutz in der Schifffahrt. Ihre Riesendrachen ziehen mittlerweile zwei Frachtschiffe, denen sie je nach Windverhältnissen zehn bis 35 Prozent der Treibstoffkosten ersparen. Vier weitere Frachter sollen 2009 mit dem windigen Hilfsantrieb ausgestattet werden. Und das Pionierschiff "Beluga Skysails" wird statt des 160 Quadratmeter großen Standard-Lenkdrachens einen doppelt so großen erhalten, um dem Klimaschutz noch mehr Zugkraft zu verleihen.