2009 löst die Hühnerhaltung in Kleingruppen die heutigen Käfigbatterien ab. Doch was so idyllisch klingt, bringt nur marginale Vorteile für die Tiere.

Das moderne Legehuhn lebt in Kleingruppen in ausgestalteten Käfigen. Das behauptet zumindest die Geflügelwirtschaft, wissenschaftlich unterstützt von der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Tierschützer sehen das ganz anders: Die Haltung in sogenannten Kleingruppen sei nichts anderes als die von Verbrauchern und Handel zunehmend abgelehnte Käfighaltung. Die einzelne Henne erhalte kaum mehr Platz; natürliche Verhaltensweisen wie Sandbaden oder ungestörte Eiablage seien auch in den neuen Käfigen unmöglich. Die herkömmliche Käfighaltung soll zum Jahresende verboten werden. Nun erobern Eier aus Kleingruppen allmählich den Markt.

30 bis 60 Tiere werden zukünftig in einen Käfig gepfercht, der im Gegensatz zum Vorgänger zumindest mit Sitzstangen, einem "Einstreubereich" und "Gruppennest" ausgestattet ist. Der "Einstreu-" oder Scharrbereich hat aus praktischen Gründen allerdings keine Einstreu, sondern besteht aus einer Kunstrasen-ähnlichen Plastikmatte, das "Nest" ist ein kleiner, durch Plastikstreifen abgetrennter Bereich. "Von einer geschützten Eiablage, wie vom Bundesverfassungsgerichtsurteil zugunsten der Legehennen im Jahr 1999 gefordert, kann keine Rede sein", betont Thomas Schröder, Geschäftsführer des Deutschen Tierschutzbundes. "Die Hühner müssen zur Eiablage Schlange stehen."

Sie hätten nicht einmal genug Platz, um schmerzfrei mit den Flügeln zu schlagen, sagt Marcus Müller von der Tierschutzorganisation Vier Pfoten: "Die niedersächsische Firma Big Dutchman, einer der größten Käfighersteller weltweit, bezeichnet sein neues Produkt als Kleinvoliere. Der Begriff Voliere kommt von Fliegen - er ist in diesem Zusammenhang ein Hohn." Dadurch, dass mehr Tiere in einem größeren Käfig leben, habe jedes einzelne Tier mehr Bewegungsfreiheit, argumentieren die Käfiganhänger. "Der Mobilitätsfaktor der Hennen ist um das 18,6-fache erhöht", rechnet beispielsweise der Informationskreis Legehennenhaltung vor. Doch es herrscht weiterhin eine drangvolle Enge: Jedem Huhn steht Platz in Größe eines Aktendeckels zu - in den alten Käfigen war es allerdings nicht einmal die Fläche eines DIN-A4-Blattes.

Knapp zwei Drittel der deutschen Legehennen leben in Käfigen (Österreich: 30,1 Prozent, Niederlande: 45,9%, Polen: 92,6 %). Bereits heute kommen Eier aus Kleingruppenhaltung millionenfach auf den deutschen Markt, Ende 2007 gab es schon mehr als 600 000 Hennen in dieser Haltungsform. Derzeit gehen die Eier aus der neuen Hühner-WG noch unerkannt zusammen mit den Käfigeiern über den Ladentisch, doch erwarten die Tierschützer, dass immer mehr Verpackungen die Bezeichnung "Kleingruppenhaltung" tragen werden.

"Nach dem Jahreswechsel wird eine große Lawine von ,Kleingruppeneiern&39; auf uns zukommen", prognostiziert Marcus Müller von Vier Pfoten und empfindet dies als Verbrauchertäuschung, da mit dem Begriff Kleingruppe eher etwas Positives und keine Käfighaltung assoziiert würde. Immerhin falle die neue Variante unter die Ziffer 3, die nach der Eierkennzeichnung für Käfighaltung steht. Müller: "Es bleibt also dabei: Die 3 steht für Quälerei."

Allerdings habe der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) bereits vorgeschlagen, die neue Haltungsform mit einer "4" zu kennzeichnen, sagt Thomas Schröder. Er hofft auf den Handel als Verbündeten: "Der Markt hat sich geändert. Supermärkte bewerben Käfigeier nicht mehr oder listen sie sogar ganz aus. Nach Aldi, Norma, tegut und Plus plant auch Edeka-Südwest von Oktober an nur noch Eier aus Boden- und Freilandhaltung sowie Bio-Eier anzubieten." Entsprechend hart reagierte der ZDG: "Handelsunternehmen wollen Verbraucherinnen und Verbraucher die Möglichkeit nehmen, sich bewusst für Eier aus der Kleingruppenhaltung zu entscheiden. Wir sehen darin eindeutig eine Bevormundung der Verbraucher", so Verbandssprecher Thomas Janning.

Tierschützer Müller setzt darauf, dass Käfigeier im Ladenregal klar erkennbar bleiben: "Rewe, Lidl und Kaufland haben bereits angekündigt, dass sie nicht an einer Kennzeichnung der Kleingruppenhaltung auf Eiern teilnehmen werden. Damit kann bei diesen Unternehmen Verbrauchertäuschung ausgeschlossen werden."

Für Thomas Schröder bleibt fraglich, ob die neue Haltungsform vor dem Hintergrund des Bundesverfassungsgerichtsurteils, das die heutige Form der Käfighaltung als rechtswidrig ansah, Bestand haben wird: "Das Land Rheinland-Pfalz hat eine Normenkontrollklage eingereicht gegen die Entscheidung, die sogenannten ,ausgestalteten Käfige&39; zuzulassen." Sollte die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht erfolgreich sein, könnten die in Kleingruppen aufgeteilte Massenhaltung von Legehennen eine kurze Episode in der Geschichte der deutschen Agrarindustrie werden - zum Wohle der Hennen.