Wenn es darum geht, sich die Bestäubung durch Insekten zu sichern, greifen manche Pflanzen auch schon mal tief in die Trickkiste.

Bei einer Orchideenart ist eine Forschergruppe jetzt auf ein bisher unbekanntes Täuschungsmanöver gestoßen.

Bei der Breitblättrigen Stendelwurz (Epipactis helleborine) rätselte schon Charles Darwin (1809-1882) darüber, warum diese Orchideen bevorzugt von Wespen bestäubt werden. Die heimische Pflanze wächst vor allem am Waldrand oder im Unterholz. Das Auffällige: Sie wird von Bienen und Hummeln aber nur selten angeflogen. Erklären konnte Naturforscher Darwin dieses Phänomen nicht.

Prof. Manfred Ayasse und Jennifer Brodmann vom Institut für Experimentelle Ökologie der Universität Ulm haben diese Nuss nun geknackt: Die Breitblättrige Stendelwurz täuscht ihre Bestäuber auf chemischem Weg. Denn ihr gelingt es, einen Duftstoff nachzuahmen, den Pflanzen normalerweise als "Hilferuf" bei Raupenbefall abgeben.

Mit diesem Bouquet lockt sie die Fressfeinde der Raupe an. In Erwartung eines fetten Happens für ihren Nachwuchs steuern die Wespen deshalb zielsicher die Blüten der Orchideen an.

"Sie finden bei den Blüten dann zwar keine fleischliche Nahrung, dafür aber jede Menge Nektar. Das führt dazu, dass die Wespen anschließend auch weitere Blüten dieser Orchideenart besuchen und sie bestäuben", erklärt Ayasse.

Der Lockstoff der Orchidee besteht vorwiegend aus Aldehyden, Alkoholen und Acetaten. Diese Substanzen verursachen eine elektrophysiologische Reaktion in den Antennen, also den Fühlern, der Gemeinen Wespe (Vespeula vulgaris) und der Deutschen Wespe (Vespula germanica).

Momentan wird noch untersucht, ob sich die verlockenden Duftstoffe auch in einer umweltfreundlichen Wespenfalle einsetzen lassen. "Das wäre dann ein weiteres Beispiel dafür, dass ursprüngliche Grundlagenforschung zu Ergebnissen führt, die in einer konkreten Anwendung enden", freut sich der forschende Professor.