In Hamburg entstehen jährlich Heizkosten von einer Milliarde Euro. Neue Förderprogramme von Bund und Land wollen Eigentümer älterer Häuser anregen, ihr Gebäude checken zu lassen und dann energetisch fit zu machen.

Durch Klimaschutzmaßnahmen an Gebäuden lässt sich viel Kohlendioxid und auch Geld einsparen. Deshalb haben Bund und Land neue Förderprogramme für Heizungsmodernisierung, Wärmeschutzmaßnahmen und den Einsatz von erneuerbaren Energien aufgelegt. Sie standen im Mittelpunkt des 40. Umwelt-Forums von NDR 90,3 und Hamburger Abendblatt.

Welche sind die wichtigsten Änderungen bei der Hamburger Förderung von Klimaschutzmaßnahmen?

Im privaten Bereich wird die Heizungsmodernisierung wieder bezuschusst. Allerdings nur, wenn sie mit Solarkollektoren gekoppelt ist. Der Fördersatz wird bei 70 Euro je Kilowatt Leistung liegen. Dr. Matthias Sandrock, Programm Arbeit und Klimaschutz, Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU)

Wie groß sind die Sparpotenziale bei älteren Gebäuden?

Bei Mietwohnhäusern haben wir durchschnittliche Einsparpotenziale von 50, 60 Prozent. Für Modernisierungen gibt die Hamburgische Wohnungsbaukreditanstalt Zuschüsse. Dazu darf nach der Modernisierung der jährliche Heizwärmebedarf pro Quadratmeter Nutzfläche nicht höher sein als 100 Kilowattstunden (kWh). Die Ausgangslage hängt vom Alter und von der Bauweise des Objektes ab. 200 kWh und mehr sind keine Seltenheit. Dr. Christian-Georg Schuppe, Amt für Wohnungsbau, BSU Bei Einfamilienhäusern liegen wir prozentual ähnlich. Absolut sind die Einsparungen höher, weil die Gebäude viel mehr Außenfläche im Verhältnis zum beheizten Volumen haben - bei älteren Einfamilienhäusern liegt der Heizwärmebedarf eher bei 300 kWh. Wer sehr ehrgeizig ist, kann auch 80 Prozent der Energie einsparen. Das ist heute nicht unbedingt wirtschaftlich, aber wer sagt uns, wo der Energiepreis in 15 Jahren sein wird?

Matthias Sandrock

Haben Mieter etwas von diesen Förderprogrammen?

Sie haben möglicherweise niedrigere Heizkosten. Aber bei einer umfassenden Modernisierung eines Mehrfamilienhauses ist mit Mieterhöhungen von bis zu 1,40 Euro pro Quadratmeter auszugehen. Bei einer 70-m2-Wohnung und einen Durchschnittswert von einem Euro reduzieren sich die Heizkosten bei 50 Prozent Einsparung um etwa 30 Euro. Es drohen also höhere Kosten. Der Mieterverein fordert deshalb, dass die Mieterhöhungen durch Wärmedämmmaßnahmen möglichst gering gehalten werden. Siegmund Chychla, Mieterverein zu Hamburg Das Wohnen wird deutlich angenehmer. Bauten aus den 50er-Jahren haben schlechte Fenster, 24 Zentimeter dicke Außenwände - da muss man viel heizen, damit es behaglich wird. Die Behaglichkeit ist durchaus ein geldwerter Vorteil. Marianne Dedekind, Architektin, Institut für Energie+Bau Vermieter dürfen maximal elf Prozent der Investitionskosten auf die Jahresmiete umlegen. Die Zuschüsse durch die Stadt mindern die Mieterhöhung.

Christian Schuppe

Was sind die wichtigsten Baumaßnahmen?

Am ehesten rentiert sich der Heizkesseltausch. Ein Brennwertkessel, den Sie gegen einen alten Kessel austauschen, macht sich nach wenigen Jahren bezahlt. Danach sollte man an die Fassade denken. Auch bei den Fenstern hat sich in den vergangenen Jahrzehnten viel getan. Heutige Isolierglasfenster lassen nur noch ein Drittel der Wärme hindurch, die bei früheren Isolierglasfenstern entweicht.

Matthias Sandrock

Wie schnell amortisieren sich Dämmmaßnahmen?

Sie amortisieren sich insbesondere dann, wenn das Dach ohnehin neu eingedeckt, die Außenwand sowieso gestrichen werden muss. Dann ist die Differenz der Kosten mit und ohne zusätzlichen Wärmeschutz nicht mehr so groß.

Marianne Dedekind

Haben Hauseigentümer einen Rechtsanspruch auf die Hamburger Zuschüsse?

Ein Rechtsanspruch besteht, wenn sie von uns einen Zuwendungsbescheid bekommen haben. In den zehn Jahren, in denen wir fördern, haben wir noch nie jemanden abgelehnt - es sei denn, er hat den Antrag gestellt, nachdem er einen Handwerker beauftragt hat, oder er hat die bautechnischen Anforderungen nicht erfüllt. Manchmal mussten wir die Fördersätze reduzieren, weil das Budget nicht ausreichte.

Matthias Sandrock

Die KfW fördert nur ganze Bündel von Maßnahmen.

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau, kurz KfW, verlangt immer mehrere Maßnahmen. Wenn Sie nur ein Dach dämmen wollen, können Sie das Hamburger Programm beanspruchen. Die Förderung ist unkompliziert, allerdings nicht üppig: sechs Euro pro Quadratmeter Dachfläche.

Matthias Sandrock

Muss man Handwerker beauftragen, um Zuschüsse zu bekommen?

In Hamburg ja. Unser Programm heißt Arbeit und Klimaschutz und soll auch für Beschäftigung im lokalen Handwerk sorgen. Es will regionale Wertschöpfung anstelle von Energieimporten.

Matthias Sandrock

Gibt es Nachrüstpflichten für Hauseigentümer?

Nur für einige wenige Maßnahmen, etwa den Heizkesselaustausch, wenn der Kessel älter als 1978 ist, oder bei ungedämmten Heizungsrohren. Eigentümer werden aber nicht verpflichtet, die Fassade zu dämmen. Wenn Sie allerdings ohnehin modernisieren wollen, dann schreibt der Gesetzgeber eine bestimmte Qualität vor.

Matthias Sandrock

Was leistet der Hamburger Energiepass?

Bei ihm berechnet ein Fachmann die Wärmeverluste der Außenhülle und, wenn möglich, auch gleich ein energetisches Sanierungskonzept. Er liefert konkrete Daten für jedes Bauteil inklusive Einsparpotenziale. Die können Sie auch nutzen, wenn Sie Angebot e einholen.

Marianne Dedekind

Wo kann ich mich beraten lassen?

Sie können zunächst einen Beratungscheck machen lassen: Ein Ingenieur schaut sich Ihr Haus an, bespricht, was man machen kann. Das kostet 185 Euro, 40 Prozent davon übernimmt die Stadt. Wenn Sie das Ganze gerechnet haben wollen, bietet sich der Hamburger Energiepass an. Er kostet für ein Einfamilienhaus 465 Euro minus 40 Prozent Zuschuss. Auch werden die bereits gezahlten 185 Euro abgezogen. Informationsmaterial können Sie unter der Telefonnummer 34 35 36 abfordern oder im Informationszentrum an der Hermannstraße 14 abholen. Marianne Dedekind Das Zentrum für Energie-, Wasser- und Umwelttechnik, kurz Zewu, wird seine Beratung ausbauen. Im April wird der Elbcampus der Handwerkskammer unweit des Bahnhofs Harburg eingeweiht werden. Das Beratungszentrum wird auch am Sonnabend geöffnet sein.

Matthias Sandrock

Wärmebilder zeigen sehr gut, wo Heizenergie verloren geht.

Die Thermografie liefert nur eine qualitative Analyse. Sie sehen, wo Bauteile relativ viel Energie durchlassen im Vergleich zum Rest. Aber wie viel, das ist nicht zu erkennen. Ich würde erst eine energetische Analyse des Gebäudes machen. Mit der Thermografie kann man dann versteckte Mängel aufdecken, etwa Wärmebrücken unter Balkonen oder Ähnliches.

Matthias Sandrock

Können Mieter vom bundesweiten Energiepass profitieren?

Ja. Bei jeder Anmietung ist der Vermieter demnächst verpflichtet, so einen Pass vorzulegen. Die Mieter können erkennen, auf welche Energiestandards sie sich einlassen.

Siegmund Chychla

Können langjährige Mieter die Vorlage des Passes verlangen?

Sie können danach fragen, aber der Vermieter ist nicht verpflichtet, den Pass vorzulegen. Das gilt nur für Verkauf und Neuvermietung. Aber ein vernünftiger Vermieter ist selbst daran interessiert, dass in seinem Gebäude Energie nicht vergeudet wird. Sprechen Sie Ihren Vermieter an, wenn die Energiekosten extrem hoch sind. Siegmund Chychla Sie sollten Ihren Vermieter auf die Förderung der Hamburgischen Wohnungsbaukreditanstalt hinweisen. Durch verbesserten Wärmeschutz werden die Wohnungen besser vermarktbar - bei der Wohnungswahl spielt die Energieeffizienz eine wachsende Rolle.

Christian Schuppe

Wenn der Vermieter uneinsichtig ist, habe ich doch gar keine Druckmöglichkeit.

Sollte sich herausstellen, dass das Objekt Mängel hat, etwa zugige Fenster, Kältebrücken oder eine völlig überalterte Heizanlage, dann hat der Mieter Anspruch darauf, dass der Vermieter die Mängel behebt.

Siegmund Chychla

Können Mieter von Genossenschaftswohnungen besser Einfluss nehmen?

Ja. Das Eigentum liegt nicht bei einer Verwaltung oder einer einzelnen Person, sondern die Genossen sind die Eigentümer. Über Beiräte lässt sich Einfluss nehmen.

Siegmund Chychla

Zum Hamburger Stadtbild gehören Backsteinbauten. Müssen wir uns von ihnen trennen, wenn wir konsequenten Wärmeschutz wollen?

Wird Hamburg zu Hannover? So könnte man es auch nennen. Das Thema ist nicht neu, wenngleich nicht gelöst. Man kann einen neuen Ziegel davorsetzen. Aber das ist relativ teuer, und neue Ziegel haben ein anderes Farbbild. Matthias Sandrock Es gibt mittlerweile Klinkerriemchen, die nicht aus Kunststoff sind. Mit ihnen kann man das Problem durchaus ansprechend lösen.

Marianne Dedekind

Welches Hamburger Gebäude würden Sie als erstes sanieren?

Es geht nicht darum, Wärmedämm-Denkmale zu errichten, sondern einen besseren Standard in der Breite zuschaffen. In der Stadt Hamburg fallen jedes Jahr rund eine Milliarde Euro an Heizkosten an. Die Häfte können wir einsparen. Matthias Sandrock Mir fiel zuerst das Hamburger Rathaus ein, aber viel wichtiger sind Schulen und Kindergärten. Das hätte zwei Effekte: Energieeinsparung und dass die Kinder mit einem Thema vertraut gemacht werden, das sie später gut gebrauchen können.

Marianne Dedekind

"Clever Energie sparen" ist das Motto des Hamburger Abend- blatt-Stands auf der Messe "Rund ums Haus" in Norderstedt: 2. und 3. Februar, 10-17 Uhr in der TriBühne Norderstedt und der Passage des Rathauses. Mehr als 60 Aussteller informieren über Planen, Finanzieren, Bauen, Kaufen, Einrichten, Renovieren (Eintritt frei).