Satellitenbilder aus diesem August zeigen: Noch nie seit Beginn der Observationen um 1980 war die Eisfläche so klein.

Die Meereisbedeckung in der Arktis ist drastisch zurückgegangen. "Wir steuern auf einen neuen Minimalwert zu", sagte der Physiker Prof. Lars Kaleschke vom Institut für Meereskunde (IfM) der Universität Hamburg. Es gehört zum Zentrum für Marine- und Atmosphärische Wissenschaften (ZMAW). Aktuelle Satellitenbilder des ZMAW zeigen, dass inzwischen weite Teile der Sibirischen See sowie der Nordwestpassage nördlich des amerikanischen Kontinents eisfrei sind.

Auf Satellitenaufnahmen aus dem August 2006 waren diese Flächen noch weitgehend mit Eis bedeckt. Im Juli dieses Jahres dehnte sich die arktische Eisfläche laut Kaleschke nur noch über durchschnittlich fünf Millionen Quadratkilometer aus, zehn Jahre zuvor waren es rund 6,5 Millionen Quadratkilometer.

Die ungewöhnlich kleinen Flächen des arktischen Sommereises führen Wissenschaftler auf die Klimaerwärmung zurück. Die aktuellen Beobachtungen sind dabei laut Kaleschke noch nicht der diesjährige Höhepunkt. Der Rückgang werde sich noch bis Mitte September fortsetzen.

Der Hamburger Wissenschaftler schließt nicht aus, dass zum Ende des Sommers lediglich noch 3,5 Millionen Quadratkilometer des arktischen Ozeans mit Eis bedeckt sein werden. In den 80er-Jahren umfasste die Eisfläche im Norden durchschnittlich noch fünf Millionen Quadratkilometer.

Die Eisbedeckung der Arktis unterlag in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder starken Schwankungen, geht aber im Mittelwert kontinuierlich zurück. Der Durchschnittswert des Juli 2007 markiert den bisherigen Tiefpunkt der Vergleichsmonate seit den 60er-Jahren.

Das Schmelzen des Eises beschleunigt die Erwärmung der Arktis. Denn weiße Eisflächen reflektieren mehr Sonnenstrahlung als dunkle Wasserflächen, die nun zunehmend das Bild beherrschen. "Was wir jetzt erleben, ist besorgniserregend", urteilt Frank Böttcher vom privaten Institut für Wetter- und Klimakommunikation in Hamburg.

Alte Eismassen befinden sich nur noch in der Mitte des Arktischen Archipels. Dagegen sind weite Teile des Sibirischen Meeres auf den von ZMAW-Forschern ausgewerteten Fernerkundungsdaten als eisfrei zu erkennen. Zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres war der Bereich zwischen Alaska und Sibirien noch in weiten Teilen mit Eis bedeckt. Und auch die berühmte Nordwestpassage vor der kanadischen Küste ist jetzt fast eisfrei. In den vergangenen 100 Jahren galt die Meerenge als praktisch unpassierbar. Nun rechnen Wissenschaftler damit, dass sie ab 2015 wenigstens im Sommer für Handelsschiffe befahrbar ist.

Dies gilt bereits für die arktischen Gewässer Russlands, die Verbindung von Europa und Asien. Schifffahrtsexperten arbeiten seit Jahren daran, dort eine internationale Route für Handelsschiffe zu etablieren. Die Strecke Hamburg-Yokohama wäre dann in 15 bis 17 Tagen zu bewältigen. Heute braucht ein Schiff 27 Tage, wenn es durch den Sueskanal fährt.