Recycling: Seit April ist die Verwertung von Elektrogeräten geregelt. In Haushalten ausrangierte Geräte müssen jetzt nach dem Stand der Technik verwertet werden - wie alte Kühlschränke sowie Computer und Telefone zu Rohstoffquellen werden.

Auf den städtischen Recyclinghöfen stehen seit kurzem einige zusätzliche Behälter. Das Ende März in Kraft getretene Rücknahmegesetz für Elektroschrott teilt Toaster, Computer und Co. in die Gruppen Haushaltsgroßgeräte, Kühlgeräte, Informations- und Kommunikationgeräte, Gasentladungslampen und Kleingeräte ein. Seit Beginn der verfeinerten Schrottsammlung vor vier Monaten wurden bundesweit bereits 25 000 Container gefüllt. Nach der Zwischenstation auf dem Recyclinghof folgt für die Altgeräte, zum Beispiel Kühlschränke, eine Reise durch den Recycling-Kreislauf.

Das Gesetz nimmt die Hersteller in die Pflicht. Sie sind verantwortlich für den Abtransport und die Wiederverwertung ihrer Produkte. Die von ihnen gegründete Stiftung Elektro-Altgeräte Register (EAR) übernimmt die Auswahl der Entsorgungsunternehmen. Eines dieser Unternehmen ist die Firma Remondis in Neumünster. Betriebsleiter Andreas Kunert kennt sich mit der relativ komplizierten Verwertung und Entsorgung von Kühlgeräten aus: "In einem ersten Arbeitsschritt werden alle losen Metall- und Glasteile entfernt. Da die meisten Kühlschränke schon vor dem Treibgasgesetz von 1995 im Einsatz waren, folgt dann die Rückgewinnung von FCKW (Fluorchlorkohlenwasserstoffe), des bis dato verwendeten Kältemittels. Aus dem Kühlkreislauf wird unter Druck das ozonschädigende Gas abgesaugt, durch Kondensierung verflüssigt und in Druckgasflaschen gesammelt."

Als nächstes wird der große schwarze Kompressor, der Motor des Kühlschranks, demontiert. Er wird mit einer Hydraulikschere herausgeschnitten und anschließend angebohrt, um an das Schmiermittel zu kommen. Durch die Bauweise des Kompressors kann das Öl nicht vollständig abgesaugt werden, er muß also so lange auf einem Abtropftisch stehen, bis alles herausgelaufen ist. "Nach langem Betrieb ist oft auch das Öl mit FCKW belastet", so Kunert, durch Aufkochen kann das Gas aber entfernt werden." Das gereinigte Öl wird in 1000-Liter-Tanks gesammelt und anschließend wiederverwendet.

"So ein Kühlgerät besteht zu 60 Prozent aus Kupfer. Auch anderes hochwertiges Metall ist enthalten" , erzählt Kunert. "Um die wertvollen Stoffe zurückzugewinnen, muß der Kühlschrank im nächsten Schritt in den Schredder." Heraus kommen Stücke von der Größe einer Zwei-Euro-Münze. Kunert erklärt eine Besonderheit bei Kühlgeräten: "Auch im Isolierschaum hat sich über Jahre FCKW angereichert. Beim Schreddern und Walzen dringt es aus den Poren. Um das Gas aufzufangen, muß das Zerkleinern in einem Vakuum stattfinden."

Es folgt ein automatisches Trennverfahren. Mit Hilfe von Magneten und Luftströmen werden die vielen kleinen Einzelteilchen separiert. "Die Materialien wie Eisen, Aluminium, Isolierschaum und Kunststoff werden in einzelnen Behältern aufgefangen." Die Altmetalle gelangen zurück in die Metallverwertung, etwa in Hütten. Der Schaum kann noch als Ölbindemittel verwendet werden, und der Kunststoff wird in Form von Granulat zur Weiterverarbeitung abtransportiert.

Andere "weiße Ware", also Geräte wie Waschmaschinen und Geschirrspüler, durchlaufen ähnliche Verfahren. Nachdem die Elektronik ausgebaut ist, gelangen sie ebenfalls in einen Schredder - und kommen später vielleicht als Radkappe so richtig ins Rotieren.

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Schon nach dem Krieg wurden hier Telefone auseinandergeschraubt", erzählt Immo Harms, stellvertretender Geschäftsführer der Elektro-Recycling Nord GmbH (ERN). Auch jetzt, nach der Einführung der Elektroschrottverordnung, ist der Anteil an Telekommunikationsgeräten sehr hoch, die bei der Tochterfirma der Norddeutschen Affinierie und des Vattenfall-Konzerns verschrottet werden. Viele ausgediente Computer, Großrechner und Telefonanlagen aus den Sammlungen der Recyclinghöfe werden auf dem Gelände an der Peutestraße zu Schnipseln zermahlen. Vor allem Mahlgut mit hohem Metallanteil ist eine beliebte Rohstoffquelle.

Harms läuft zwischen meterhohen Schrottbergen aus Computergehäusen, Kabelgewirr und glitzernden Geräte-Innereien hindurch. "Wir konzentrieren uns auf Metallrückgewinnung, daher sind für uns vor allem Leiterplatten interessant." Diese enthalten viel Kupfer, aber auch Edelmetalle wie Gold und Silber. "Wir bekommen ungefähr 15 verschiedene Sorten von Platten, man findet sie in fast jedem Kommunikationsgerät, aber vor allem in PC", so Harms. Um an sie heranzukommen, müssen die Rechner zerlegt werden. "Das machen wir nicht selbst; entweder wir bekommen sie schon zerlegt angeliefert, oder wir lassen die Geräte in Behinderten-Werkstätten oder im Gefängnis auseinandernehmen".

In einer dunklen Halle steht der Schredder aus Molybdänstahl. Mit brachialer Gewalt werden die Einzelteile hier in vier Zentimeter kleine Fetzen zerschreddert. Gewaltig klafft die Öffnung wie das Maul eines Ungeheuers auf, denn die Maschine steht still. Harms: "Wenn es draußen so warm ist wie derzeit, besteht erhöhte Brandgefahr, da manche Teile durch die starke Reibung zu glühen beginnen." In den Wintermonaten läuft der Schredder dafür rund um die Uhr. "Je nach Gerätetyp werden zwischen 700 Kilo und drei Tonnen Schrott in einer Stunde zermahlen."

Mit Hilfe eines Magneten wird anschließend zuerst das Eisen aus dem Mahlgut gefiltert. Im angeschlossenen Wirbelstromseparator werden dann Aluminium und Schwermetalle von Kunststoff und Kupfermetallen getrennt. Letzteres Gemisch besteht etwa zu zwölf Prozent aus Kupfer, dem lukrativsten Material bei der Verwertung. Neuere Geräte, wie Digitalkameras, haben gar keine Leiterplatten mehr, sondern dünne, biegsame Folien. Diese sind zu leicht für den Separator. "Wir müssen uns ein neues Verfahren überlegen", so Harms. Allerdings kommt diese Elektronik noch nicht bei der ERN an. Genau wie Handys und Flachbildschirme verschwinden diese zuerst in zweiter Hand oder in der Schublade. "Die Geräte, die wir geliefert bekommen, sind mindestens fünf Jahre alt, nach oben ist keine Grenze gesetzt," so Harms. "Erst vor kurzem war ein 18 Jahre alter Laptop dabei, der lief sogar noch."

Manche Lieferungen beinhalten Skurriles. Zum Beispiel eine Ladung alter Telefonanlagen aus der DDR. Harms: "Die wurde in einem Keller gefunden. Damit hat die Stasi in den 70er Jahren Verdächtige abgehört." Im Container nebenan stapelt sich Elektronik aus amerikanischen Kampfflugzeugen.

100 Fernseher mit Wasserschaden fanden nach einem Unfall der "MS Europa" 1999 ebenfalls hier ihr Ende - auch vor der Einführung der neuen Elektroschrottverordnung lief die Verwertung von Altgeräten auf Hochtouren. Allerdings, so fügt Harms hinzu, "ist das Ganze jetzt mit mehr Papierkram verbunden".

Wann wurde der erste Kühlschrank gebaut? : Schon die Römer kühlten ihre Speisen mit einem Mix aus Natureis und Salz. 1876 erfand der deutsche Ingenieur Carl Paul Gottfried von Linde die erste nutzbare Kältemaschine. Sie ähnelte dem heute verwendeten Kompressorkühlschrank.