Nach der sicheren Landung des NASA-Roboters „Curiosity“ soll in den kommenden Tagen auch Technik aus Kiel auf dem Mars zum Einsatz kommen. „Wir vermessen mit unserem Detektor den Strahlenhintergrund auf dem Mars“, sagte Projektwissenschaftler Jan Köhler von der Kieler Christian-Albrechts-Universität am Montag in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dapd in Kiel. Die Daten sollen beantworten helfen, was die Strahlung beispielsweise für einen Astronauten bedeuten würde oder ob es Leben auf dem Mars geben könnte.

Pasadena/USA. Die ehrgeizigste und teuerste Marsmission der Raumfahrtgeschichte ist am Montagmorgen (MESZ) sicher und planmäßig auf dem Roten Planeten gelandet. "Curiosity“ heißt der von der NASA neu konstruierte Rover, übersetzt "Neugier“. Mit ihm will die US-Raumfahrtbehörde klären, ob auf dem Mars einst Mikroben leben konnten.

Dazu musste die knapp eine Tonne schwere "Curiosity“ erstmal ankommen. "Sieben Minuten des Schreckens“ erwarteten die Experten - denn so lange dauerte es, bis der Rover von einer Geschwindigkeit von 20.920 Stundenkilometern auf Null abgebremst wurde und um 7.32 Uhr MESZ auf der Oberfläche des Planeten aufsetzte.

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Howard McCurdy, Raumfahrtexperte an der American University, hatte vor der Mission erklärt: "Falls das klappt, wäre es ein wichtiger technischer Schritt nach vorne. Es ist ein großes, gewagtes Spiel.“ Immer wieder gab es bei Marsmissionen Probleme und Rückschläge, besonders das Absetzen von Rovern erwies sich als schwieriger als gedacht. Doch diesmal klappte alles - einem neuen Verfahren sei Dank.

Landung auf dem Mars schwierigste Etappe

Zunächst trat eine Trägerkapsel in die dünne Marsatmosphäre ein und flog in S-Kurven, um das Tempo zu senken. Bei 1.450 Stundenkilometern wurden der große Bremsfallschirm entfaltet, und die schützenden Hitzeschilder wurden abgeworfen. Die "Curiosity“ löste sich daraufhin von der Einheit und zündete ein Raketenmodul, um weiter abzubremsen und in einen Schwebezustand zu gelangen.

In dem Modul verbargen sich meterlange Seile. An ihnen wurde der Rover ganz langsam und vorsichtig auf den Mars herabgelassen. Wenige Minuten später kamen über Funk die ersten Videobilder auf der Erde an, und die Seile wurden gekappt.

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"Wir sind sicher auf dem Mars“, bestätigte Ingenieur Allen Chen nach dem beispiellosen Landemanöver. Auch Nasa-Chef Charles Bolden jubelte: "Wir sind wieder auf dem Mars. Es ist absolut unglaublich. Nichts kann das toppen.“ Us-Präsident Barack Obama twitterte: "Ich gratuliere und danke allen Männern und Frauen der Nasa, die diese bemerkenswerte Leistung Wirklichkeit werden ließen.“

Achteinhalb Monate war die "Curiosity“ von der Erde aus unterwegs - und doch hätten ein Sandsturm, plötzliche Windböen oder ungeahnte technische Probleme das Projekt jederzeit scheitern lassen können.

Mit 2,5 Milliarden Dollar (rund zwei Milliarden Euro) beziffert die Nasa die Kosten der Mission. Nachdem auf dem Mars Eis festgestellt wurde und es Zeichen dafür gibt, dass einst Wasser floss, geht es jetzt darum, ob die Bedingungen Leben ermöglichten.

"Curiosity“ soll mindestens 23 Monate lang forschen

Die "Curiosity“ landete im Gale-Krater. Auf Weltraumfotos haben Wissenschaftler dort Muster von Sulfaten und Tonmineralien entdeckt, was vermuten lässt, dass am Kraterboden früher einmal Wasser stand. Der Rover kann beispielsweise in Gestein und Boden bohren, um Kohlenstoff und andere Elemente aufzuspüren.

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Mindestens ein Marsjahr, das 687 Erdtagen entspricht, soll der Rover von der Größe eines Mini Coopers forschen. Angetrieben durch Plutonium, hat die „Curiosity“ verschiedene Analysegeräte an Bord, darunter ein mineralogisches Kleinlabor und ein Röntgenspektrometer. Finden sich Beweise dafür, dass früher Wasser floss, wäre Leben möglich gewesen. Aber die „Curiosity“ kann Proben auch direkt auf organisches Material untersuchen.

Schon seit 1960 versucht die internationale Raumfahrt, sich dem Roten Planeten zu nähern. Von bislang gut 40 Missionen waren weniger als die Hälfte erfolgreich, erst im Januar scheiterte ein russischer Versuch. Wissenschaftler glauben, dass auf dem Mars einst Leben existierte – doch für den Beweis brauchen sie Daten von der Oberfläche. Die „Curiosity“ könnte die fehlenden Puzzlestücke liefern.

Kieler Messgerät erfasst Strahlung auf dem Mars

Nach der sicheren Landung des NASA-Roboters „Curiosity“ soll in den kommenden Tagen auch Technik aus Kiel auf dem Mars zum Einsatz kommen. „Wir vermessen mit unserem Detektor den Strahlenhintergrund auf dem Mars“, sagte Projektwissenschaftler Jan Köhler von der Kieler Christian-Albrechts-Universität am Montag in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dapd in Kiel. Die Daten sollen beantworten helfen, was die Strahlung beispielsweise für einen Astronauten bedeuten würde oder ob es Leben auf dem Mars geben könnte.

Der in Kiel entwickelte „Radiation Assessment Detector“ (RAD) habe bereits während der achtmonatigen Reise zum Mars kosmische Strahlung und Teilchenstürme von der Sonne gemessen, sagte Köhler. Vor der Landung sei das Gerät aber abgeschaltet worden. Bereis in wenigen Tagen werde es voraussichtlich wieder angeschaltet und danach erste Daten auf der Marsoberfläche sammeln.

Rund sechs Jahre lang hätten rund ein Dutzend Wissenschaftler in Kiel an der Entwicklung des Gerätes gearbeitet, sagte Köhler. Neben dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt sei auch das Southwest Research Institute in Boulder im US-Bundesstaat Colorado an dem Projekt beteiligt. Die Projektkosten beliefen sich auf 1,3 Millionen Euro. Das Kieler Messgerät sei gerade einmal „so groß wie eine Kaffeekanne und wiegt 1,5 Kilogramm“, sagte Köhler. Der Stromverbrauch betrage 4,5 Watt. Das sei weniger als bei einer Energiesparlampe. „Wir messen immer in kurzen Intervallen, 15 Minuten pro Stunde, um Strom zu sparen.“ Wenn etwas passiere, wie beispielsweise ein die Mars-Atmosphäre treffender Sonnensturm, messe das Gerät auch kontinuierlich.

Größte Herausforderung sei es gewesen, das Gerät so klein und so leicht zu bauen, sagte Köhler. Auf dem Rover gebe es schließlich nur begrenzten Platz. „Jedes Gramm, das wir zum Mars bringen, verschlingt enorme Mengen Treibstoff und macht die Mission komplizierter und teurer.“

Am Montagmorgen hätten rund 500 Menschen im Physikzentrum der Kieler Uni die Landung auf dem Mars verfolgt, sagte Köhler. Bei den Wissenschaftlern herrsche große Erleichterung. „Das war schon ein toller Moment.“

Das unbemannte Erkundungsfahrzeug „Curiosity“ hat die Größe eines kleinen Autos und wiegt mehrere Hundert Kilogramm. Der mit Atomantrieb ausgerüstete Roboter soll die Lebensbedingungen auf dem Mars erforschen und unter anderem im Boden nach Spuren von Kohlenstoff suchen, der eine Grundvoraussetzung für die Entwicklung von Leben ist.