Überraschendes Ergebnis der Untersuchung: Die Zahl der gelesenen Wörter erhöhte sich, die Aggressionen gingen zurück.

Gerade in dunklen Wintermonaten merken wir, wie uns das helle Tageslicht fehlt. Wer sich derzeit morgens im Dunkeln aus dem Bett quält, sehnt sich zurück in den Sommer, als das Aufstehen bei Sonnenschein viel leichter war. Wie Licht das Lernen von Schülern beeinflussen kann, haben Wissenschaftler vom Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) jetzt mit speziellen Leuchten, die von der Firma Philips entwickelt wurden, an drei Hamburger Schulen untersucht.

Dafür verwendeten sie sogenanntes dynamisches Licht. Dabei kann man die Farben Rot und Blau einsetzen und die Intensität verstellen. Helligkeit und Farbe sind über eine Fernbedienung verstellbar. An drei Hamburger Schulen wurden in jeweils einer Klasse diese Leuchten installiert und diese Klassen jeweils mit den Parallelklassen verglichen, in denen der Unterricht mit herkömmlicher Beleuchtung stattfand. Insgesamt nahmen 166 Schüler im Alter von acht, zwölf und 16 Jahren und 18 Lehrer an dem Experiment teil.

Das Ergebnis der Studie, die insgesamt neun Monate dauerte: "Wir haben bei den Schülern in den Klassen mit dynamischem Licht leicht verminderte Aggressionswerte, eine Abnahme der motorischen Unruhe und eine deutliche Erhöhung von Konzentrationsfähigkeit und Lesegeschwindigkeit festgestellt", sagt Prof. Michael Schulte-Markwort, Leiter der Studie und Direktor der Klinik für Kinder und Jugendpsychosomatik am UKE. Ein Vergleich: Die Schüler haben angefangen mit 780 gelesenen Wörtern in der vorgegebenen Zeit und konnten diese Leistung unter dem hellen dynamischen Licht auf 1000 steigern, während in der Kontrollgruppe die Zahl der gelesenen Wörter von 870 Wörtern auf 840 abgefallen ist. Dabei wurde so vorgegangen, dass aus einer entspannten Situation heraus ein Lesetest angekündigt und das Licht auf hell mit hohem Blauanteil geschaltet wurde. Dann mussten die Schüler zehn Minuten lesen.

Der wissenschaftliche Hintergrund dieser Studie: "Man weiß schon länger, dass Licht sich auf das menschliche Verhalten bei der Arbeit auswirkt, z. B. führen weiße Farben im Tageslicht zu erhöhter Aufmerksamkeit, für Gespräche erweisen sich wärmere Farben mit geringerer Leuchtstärke als vorteilhaft", so Schulte-Markwort. Das liege an der Wirkung des Lichtes auf das Gehirn: "Das Licht wird über Rezeptoren im Auge aufgenommen, über bestimmte Nervenbahnen ins Gehirn weitergeleitet und kann z. B. eine Ausschüttung des Hormons Cortisol bewirken. Das wirkt aktivierend und setzt das Schlafhormon Melatonin außer Kraft."

Ist das Licht so hell wie Tageslicht, kann man sofort besser lesen, auch weil die Schwarz-Weiß-Kontraste auf dem Papier schärfer sind, die Aufmerksamkeit wird besser. "Ich muss zugeben, ich stand dem ganzen Versuch anfangs sehr skeptisch gegenüber, aber die Ergebnisse sind wirklich eindrucksvoll", sagt der Kinderpsychiater.

Allerdings ist auch klar: Das taghelle Licht, das durch den hohen Blauanteil sehr kalt wirkt, ist nicht den ganzen Tag zu ertragen. "Deswegen sprechen wir auch von dynamischem Licht. In weiteren Untersuchungen wollen wir herausfinden, in welchen Unterrichtsphasen welches Licht sinnvoll ist. Dafür sollen jetzt auch andere Verhaltensweisen unter die Lupe genommen werden." Man könnte z. B. die Auswirkung auf das kommunikative Verhalten untersuchen. "Wenn es um ruhige Kommunikation innerhalb der Klasse geht, Unterrichtsstoff nachbereitet wird, und insbesondere wenn die Schüler miteinander diskutieren, ist es höchstwahrscheinlich günstiger, das rote Licht zu verwenden und dunkler einzustellen. Das gilt auch für die mündliche Beteiligung, weil die Schüler sich eher trauen, etwas zu sagen." Wenn wieder eine Aktivierung nötig ist, etwa um ein Diktat zu schreiben, wird das helle blaue Licht eingeschaltet. Nach zehn Minuten ist die Aktivierung über die Cortisolausschüttung im Gehirn vorhanden.

"Jetzt wollen wir unsere Ergebnisse in größeren Gruppen überprüfen und dann die Leistungsfähigkeit in einem größeren Umfang untersuchen", sagt Schulte-Markwort und fügt hinzu: "Ich glaube, dass der Zusammenhang von Licht und Gesundheit und Licht und Lernen noch lange nicht ausreichend untersucht ist. Darin steckt noch viel Potenzial."