Bei den Ausgrabungen in Troja entdecken die Archäologen seit Wochen überraschende Funde und haben neue Erkenntnisse gewonnen. Der Leiter des...

Bei den Ausgrabungen in Troja entdecken die Archäologen seit Wochen überraschende Funde und haben neue Erkenntnisse gewonnen. Der Leiter des Grabungsteams, der Tübinger Experte für Archäometrie, Prof. Ernst Pernicka, bewertet das so: "Die Funde sind ein wichtiger Schritt zur Bestätigung einer Hypothese, nämlich dass der Graben, der schon seit über zehn Jahren bekannt ist, wirklich ein Verteidigungssystem darstellt, das die ganze Unterstadt umgibt." Diese Hypothese war nicht unumstritten Deshalb wurde nach weiteren Belegen gegraben.

Wie erklärt er sich das große öffentliche Interesse an Troja und an den Ausgrabungen? Pernicka: "Es sind immer noch Reste des Bildungsgutes der Antike in breiten Bevölkerungskreisen vorhanden, selbst wenn sie manchmal als solche nicht wahrgenommen werden, wie bei der Trojaner genannten Software. Die Geschichte vom Trojanischen Pferd als Kriegslist ist einfach und gut. Fast jeder hat davon schon einmal gehört." In belesenen Kreisen gehörten Homers "Ilias" und "Odyssee" immer noch zum Standardrepertoire.

Dieser Bekanntheitsgrad und damit das Interesse werde auf den Grabungsort übertragen. "An diesem Ort kann man der Ilias und dem Mythos nicht entkommen." Über die Faszination der beiden Epen sagt Pernicka: "Sie stehen am Anfang der europäischen Literaturgeschichte und sie werden seit der Antike als Meisterwerke beurteilt. Aus meiner Sicht sind die psychologischen Einsichten besonders faszinierend, die allgemeingültige menschliche Verhaltensweisen in bestechender Weise beschreiben. Andere mögen die Kampfszenen begeistern, die detailreich unglaubliche Gewalt beschreiben. Faszinierend sind auch die extrem komplexen Handlungen mit einer Vielzahl an Personen sowie Vor- und Rückgriffen."

Was bewegt ihn als Archäometrie-Experten dazu, ausgerechnet in Troja zu forschen? "Ich habe Funde aus Troja seit Beginn der 80er-Jahre untersucht, vor allem, um eine andere Hypothese zu prüfen, nämlich dass die Bedeutung Trojas in der frühen Bronzezeit, also im dritten Jahrtausend vor Christus, auf der Verfügbarkeit und Kontrolle von metallischen Rohstoffen beruhte. Es wurde vorgeschlagen, dass Bronze im trojanischen Kulturkreis erfunden worden sein könnte, denn man weiß, dass dieser neue Werkstoff in Troja recht früh auftaucht. Das Ergebnis war negativ, denn die Bronzefunde in Troja stammen von weit entfernten Gebieten, wenn wir auch immer noch nicht sagen können, woher genau. Besonders die Herkunft des Zinns wird seit Längerem diskutiert, weil in der Ägäis keine Zinnlagerstätten bekannt sind."

Die Suche danach hat ihn nach Mesopotamien, den heutigen Irak, nach Mittelasien und in den Iran geführt. Die Leitung des Troja-Projekts übernahm er nach dem unerwarteten Tod des Experten Korfmann, "und ich sehe es als meine Verpflichtung an, sein Lebenswerk zu Ende zu führen".

Zu den neuen Erkenntnissen gehören diese: "Wenn die Unterstadt auf mindestens 25 und vielleicht 35 Hektar relativ dicht bebaut war, was sich nun immer mehr abzeichnet, lebten hier einige Tausend, vielleicht bis zu zehntausend Menschen. ,