Jungvögel sind eine beliebte Beute von Katzen. Dennoch sollte man die Haustiere nicht dauerhaft einsperren. Aber sie sollten draußen ein Glöckchen tragen und über Nacht in der Wohnung bleiben, raten Zoologen.

Katzen würden Whiskas kaufen, lautet ein Reklamespruch. Doch die Miezen mögen außer Dosenkost auch Sperling und Zaunkönig, Amsel und Zilpzalp - von Mäusen, Reptilien und Insekten ganz abgesehen. "Hauskatzen sind sehr erfolgreiche Jäger", sagt der Zoologe Julian Heiermann vom Naturschutzbund Nabu in Berlin. Sie folgten dabei ihrem Jagdinstinkt, "ohne Hunger zu haben". Dann schleppten sie die Beute nach Hause und legten sie stolz ab. Katzen immer satt zu füttern helfe wegen des unstillbaren Jagdtriebes nicht weiter.

Die Stubentiger rauben Nester aus oder schlagen zu, wenn die Jungvögel flügge werden, so der Nabu-Experte. Dann werde der unbeholfen flatternde Vogelnachwuchs beim ersten Ausflug zur leichten Beute. Ein warnendes Glöckchen am Hals der Mieze hilft nur bei Altvögeln - die Jungen können nicht flüchten. "Die Katze ist und bleibt ein Raubtier", urteilt der Zoologe und Jäger Andreas David in der Jagdzeitschrift "Wild und Hund". Ihr Gebiss sei "vollständig darauf ausgelegt, Beutetiere zu reißen"

In etwa 15 Prozent der deutschen Haushalte lebt wenigstens ein Stubentiger. Nach Schätzungen des Industrieverbandes Heimtierbedarf kommen so etwa 7,8 Millionen Katzen zusammen. Die genaue Zahl kennt niemand - auch, weil keine Katzensteuer erhoben wird. Artenschützer könnten gute Argumente für eine solche Steuer anführen. Studien aus Großbritannien und den USA zeigen nämlich, "dass Hauskatzen mit Auslauf oder streunende Katzen eine große Anzahl wild lebender Tiere jagen und erbeuten", sagt Heiko Haupt vom Bundesamt für Naturschutz (BfN). Vor einigen Jahren hatten britische Forscher Fragebögen an 618 Haushalte in Großbritannien ausgeteilt, um mithilfe der Katzenhalter zu ermitteln, welche Beutetiere die fast tausend erfassten Katzen nach Hause bringen. Insgesamt wurden so 14 370 Kleintiere gezählt. Das Beutespektrum hängt freilich stark von der örtlichen Tierwelt ab. Doch aus den Ergebnissen ließ sich hochrechnen, dass die rund neun Millionen Katzen in Großbritannien innerhalb von fünf Monaten (April bis August) etwa 92 Millionen Beutetiere mit nach Hause brachten, darunter 57 Millionen Kleinsäuger, fünf Millionen Reptilien und Amphibien sowie 27 Millionen Vögel.

Und in Deutschland? "Die frei laufende Hauskatze ist die absolute Bedrohung der Singvögel im siedlungsnahen Bereich", heißt es in einem Forschungsbericht des Instituts für Biodiversitätsforschung der Universität Rostock. Dabei liegen nach Ansicht des BfN-Experten Heiko Haupt "keine belastbaren Ergebnisse" darüber vor, ob Hauskatzen die Bestände von Vögeln gefährden. Diese Frage sei "schlecht untersucht", sagt auch Hans-Günther Bauer von der Vogelwarte Radolfzell, Teil des Max-Planck-Instituts für Ornithologie. Dennoch sei klar, dass "kein anderer Räuber in solch hoher Dichte auftritt", so der Wildbiologe Andreas David.

In der Schweiz liefen in den vergangenen Jahren radiotelemetrische Untersuchungen an Hauskatzen. "Aus den Ergebnissen wurden Zahlen an Vogelverlusten durch Katzen hochgerechnet, die schwindelerregend sind", sagt Wolfgang Fiedler, der Leiter der Vogelwarte Radolfzell.

Etwas Licht ins deutsche Dunkel könnte eine Studie bringen, die der Biologe Jochen Hölzinger zurzeit für die baden-württembergische Landesregierung erstellt. Er hat die Frage untersucht, inwiefern Hauskatzen den Erreger der Vogelgrippe auf Menschen übertragen können. Er bestätigt, dass Hauskatzen "vor allem während der Brutzeit viele Nester ausrauben". Ihr Beute-Spektrum sei groß, wobei die häufig vorkommenden Vogelarten überwögen. Der freischaffende Gutachter hält jedoch nichts davon, Katzen deswegen einzusperren: "Zwar hätten wir dann viele Probleme nicht, aber Katzen brauchen unbedingt freien Auslauf."

Christel Becker-Kolle vom "Freundeskreis Katze und Mensch" hält die Gefahr für die Vogelwelt ohnehin für weniger dramatisch: Die frei laufenden Katzen schliefen und dösten die allermeiste Zeit des Tages "auf ihren Lieblingsplätzchen, in der Sonne oder unter irgendeinem Busch".

"Man kann den Leuten nicht verbieten, Katzen draußen herumstreunen zu lassen", sagt Nabu-Experte Julian Heiermann. Der Berliner Zoologe wirbt aber dafür, Katzen rechtzeitig kastrieren oder sterilisieren zu lassen, um die Zahl verwildert lebender Tiere zu begrenzen. Ein umgehängtes Glöckchen belästigt zwar das feine Gehör der Stubentiger, senkt aber deutlich deren Erfolg bei der Vogeljagd. Auch die Katzen nachts im Haus zu halten schmälert die Beute. Und natürlich sollten die Katzenhalter im Winter kein Vogelfutter im Garten ausstreuen, weil sie damit das fliegende Katzenfutter auch noch anlocken.