Das Abendblatt besuchte die Heimat der ersten deutschen Klonkuh Uschi und sprach mit Prof. Eckard Wolf über Perspektiven und Schwierigkeiten des Verfahrens.

Zwischen dem Fleisch von normalen Tieren und den Nachfahren von Klontieren, das nach zweifacher Prüfung von Tierärzten für den Handel freigegeben worden ist, gibt es keinen Unterschied", stellt Klon-Experte Prof. Eckhard Wolf klar, während wir bei strahlendem Sonnenschein zum Moorversuchsgut Badersfeld (bei München) fahren, der Heimat von Uschi. Auf dem 1,5 Hektar großen Gut, der Außenstelle des Münchner Instituts für Tierzucht, wurde im Dezember 1998 die erste deutsche Klonkuh geboren. Inzwischen hat sie dreimal gekalbt und ist schon Großmutter. Ihre älteste Tochter hat kürzlich ein weibliches Kalb bekommen. Uschi, die auf einem Bauernhof gut versorgt wird, darf in Ruhe altern, wird nicht geschlachtet und verkauft werden. "Sie leidet an keinen Krankheiten", erzählt Wolf und ergänzt: Am ehesten neigten geklonte Schafe bereits in jungen Jahren zu Alterskrankheiten. "Aber die Nachkommen von Klon-Rindern und -Schafen zeigen keine Veränderungen, sind gesund. Deshalb könnte man sie vermarkten. Aber man wird keine Tiere für Fleisch- oder Milchproduktion klonen. Das ist einfach viel zu teuer und zu ineffizient. Klonen ist keine Fließbandtechnik", stellt Wolf klar, während er den Kombi auf dem kiesbedeckten viereckigen Hofplatz nahe dem weißgetünchten Gutshaus abstellt. 45 Färsen, die in einem offenen Boxenstall stehen, mampfen Heu. Auf den ersten Blick gleichen sie einander wie ein Ei dem anderen. "Das sind keine Klon-Tiere", beruhigt Wolf, "sie sollen fremde Embryonen, die besonders wertvoll sind, austragen."

Dazu zählen die Embryonen, die das Aussterben einer ursprünglichen bayerischen Rinderrasse, der Murnau-Werdenfelser, verhindern sollen. "Diese Rasse, von der es gegenwärtig gerade einmal noch 400 bis 500 Tiere gibt, ist unter ökologischen Gesichtspunkten ideal für eine Landwirtschaft geeignet, in der Milch und Fleisch erzeugt und die Landschaft gepflegt werden soll", schildert Wolf begeistert, während er das einzige Spendertier auf dem Hof krault. Weder das Bayerische Fleckvieh, das immerhin Milch und Fleisch liefert, und schon gar nicht die Holsteiner Schwarzbunten, die nur massenhaft Milch produzieren, können im wahrsten Sinne des Wortes mit diesen Alleskönnern Schritt halten. Die schönen braunen Tiere können mit ihren harten Hufen auf den Almen und in den Mooren laufen. Viele kleine Züchter haben sich diesem "reizvollen Projekt" angeschlossen, und wann immer ein altes Tier geschlachtet werden muss, bekommen die Münchner sofort die wertvollen Eizellen. "Die Eizellen befruchten wir künstlich und lassen die Embryonen dann vom Fleckvieh austragen", erläutert Wolf, der optimistisch ist, dass sich diese Rasse halten wird.

In der Regel tragen die Leihmütter allerdings Klon-Embryonen aus, die mit der Dolly-Methode erzeugt worden sind. "Doch ist diese Methode auch bei den Rindern, wo sie am erfolgreichsten angewendet wird, immer noch nicht sehr effizient", sagt Wolf, nachdem wir es uns im Gutshaus gemütlich gemacht haben. In Hightech-Laboren arbeiten hier 35 Tiermediziner, Biologen, Biochemiker und Landwirte aus Deutschland, Österreich, Finnland, China, Japan, Argentinien, Brasilien, Dänemark, Russland und der Türkei, um Neues über Gesundheit und Fortpflanzung von Nutztieren zu erfahren. "Nur 50 Prozent der Kühe, denen wir ein Klon-Embryo einsetzen, werden trächtig, zehn Prozent bringen ein Kalb zur Welt. Deshalb haben wir begonnen, die grundlegenden genetischen Prozesse, die die Fruchtbarkeit beeinflussen, zu erforschen." Und erstmals haben die Wissenschaftler, deren exzellente Forschung weltweit anerkannt wird, auch Hinweise, warum diese Klon-Technik nicht sonderlich erfolgreich ist: Das Muttertier reagiert auf einen Klon-Embryo anders als auf einen Embryo, der aus einer künstlichen Befruchtung hervorgegangen ist. Die Forscher entdeckten, dass die Genaktivität in den Zellen der Gebärmutterschleimhaut unterschiedlich ist; konkret stimmt die Aktivität von etwa 50 Genen, die für das Einnisten der Embryonen von Bedeutung sind, nicht überein. "Die Gebärmutterschleimhaut erkannte also den Klon-Embryo nicht vollständig als Embryo. Es gibt also bei Rindern ein natürliches Hindernis, das Klon-Embryonen nur selten überwinden können. Gleichwohl kann es sinnvoll sein, diese Klon-Technik zu nutzen, um schnell ein Gen in die Nutztierrassen hineinzubekommen. So könnte man beispielsweise vorteilhafte Gen-Varianten, die die Tiere resistent gegen Krankheiten machen, aus anderen Rassen übernehmen oder sogar künstlich herstellen und dann gezielt in das Erbgut der Embryonen einschleusen", sagt Wolf und betont zugleich eindringlich, dass es ihm darum geht, dass die Tiere gesünder würden.

Wichtig sind die transgenen Tiere auch für die biomedizinische Forschung. "Es geht nicht nur darum, dass Tiere Ersatzorgane für die Transplantation liefern. Vielmehr kann man mit Mausmodellen nicht immer menschliche Krankheiten erforschen." So bekamen die Münchner kürzlich Besuch von der Selbsthilfegruppe der Menschen, die an Mukoviszidose erkrankt sind. Sie hoffen, dass die Münchner ein Schwein so manipulieren können, dass es die Symptome dieser Stoffwechselerkrankung, die bislang nicht heilbar ist, zeigt. "Es ist ein Hochrisikoprojekt, aber es ist möglich, dass wir Erfolg haben", sagt Wolf und verweist darauf, dass die Münchner bereits mit einem Diabetes-Typ-2-Schwein grundlegend neue Erkenntnisse gewinnen konnten.

"Für uns ist das Klonen an erster Stelle eine Strategie, um Tiermodelle zu machen", fasst Wolf zusammen, während wir über den Hof schlendern. In Kürze soll auf dem Versuchsgut ein hochmoderner Schweinestall entstehen. Dann werden neben den 70 Rindern, 30 Kaninchen und 4000 Mäusen sicherlich viel mehr als nur die 300 Schweine hier leben, die es bislang gibt. Schon jetzt halten die Münchner mehr Tiere als manch ein landwirtschaftlicher Betrieb.