Sonderforschung

Mit dem Erlernen von Fremdsprachen sollte spätestens im Alter von vier Jahren begonnen werden. Dies belegen Studien des Sonderforschungsbereichs Mehrsprachigkeit der Uni Hamburg. Man ahnte bereits, daß Kindern das Sprachenlernen leichter fällt als Erwachsenen. Unbekannt war bisher, wie früh die Spracherwerbsfähigkeit zurückgeht. "Die optimale Phase, um eine Sprache auf dem Niveau eines Muttersprachlers zu lernen, endet mit vier Jahren", erklärt der Romanist Prof. Jürgen M. Meisel. "Der Grund für die Abnahme der Lernfähigkeit ist die neuronale Reifung." Betroffen sind Grammatik und Aussprache. Vokabeln kann man in jedem Alter erlernen.

Im Vorteil sind Kinder, die von Geburt an zwei Sprachen lernen. "Bilinguale Kinder erreichen in beiden Sprachen das Level eines Muttersprachlers", so Meisel. Außerdem fördere Bilingualität flexibles Denken und die Fähigkeit, später auch andere Sprachen leicht zu erlernen. Zwar vermischen bilinguale Kinder manchmal die Sprachen. "Ein typisches Beispiel für Sprachmischung ist etwa ,Auto rouge'", erläutert Meisel. "Das heißt aber nicht, daß die Kinder die Sprachen nicht auseinanderhalten können." Solche Wechsel in die andere Sprache seien auch bei Erwachsenen üblich. Außerdem haben zweisprachige Kinder häufig eine Sprachpräferenz, die sich im Laufe der Entwicklung aber verändern kann. So bevorzugen Kinder meist die Landessprache, weil diese beim Lernen und Spielen gesprochen wird. In der Pubertät haben Jugendliche das Bedürfnis, sich von anderen abzuheben und kehren die bis dahin vernachlässigte Sprache nach außen. Die Angst, gleichzeitiges Schreibenlernen könne das Kind überfordern, ist laut Meisel unbegründet.

Eltern, die ihre Kinder bilingual erziehen wollen, können sich mit Fragen an die Elternberatung des Sonderforschungsbereiches wenden. Elternberaterin Susanne Rieckborn: "Das wichtigste sind Konstanten, an die sich das Kind halten kann, z. B. daß die Mutter immer italienisch und der Vater immer deutsch spricht." Natürlich kann das nicht dauernd eingehalten werden. "Man sollte aber schon so konsequent wie möglich sein."

Die Forschungsergebnisse wurden am Institut für systemische Neurowissenschaften des UKE unter Leitung von Prof. Christian Büchel überprüft. Untersuchungen mit funktionaler Magnetresonanztomographie (fMRT) ergaben: Bei Menschen, die Deutsch und Französisch von Geburt an gelernt haben, sind beim Hören beider Sprachen die gleichen Areale im Gehirn aktiviert. Deutschsprachige, die später Französisch gelernt haben, müssen beim Hören der Fremdsprache mehr Energie aufwenden.

Meisel rät, auch einsprachige Kinder spätestens mit vier Jahren an eine zweite Sprache heranzuführen. "Es wäre gut, wenn das Erlernen einer Zweitsprache bereits im Kindergarten, spätestens in der Vorschule beginnt." Zudem sei es für eine bessere Integration von Kindern mit Migrationshintergrund günstig, daß diese möglichst früh Deutsch lernen. Momentan lernen Hamburger Schüler ab der 3. Klasse Fremdsprachen. Interessierte Eltern können ihre Kinder aber in fremdsprachige Kitas und Schulen schicken.

Elternsprechstunde: mittwochs, 11-12 Uhr, Tel. 428 38 68 86

Fremdsprachige Kitas/Schulen: www.uni-hamburg.de/fachbereiche-einrichtungen/sfb538/fremdsprachigeeinrichtungen.pdf