Nanotechnik: Prof. Martin Möller, dem heute der Körber-Preis verliehen wird, entwickelt einen “molekularen Spaziergänger“.

Für das menschliche Auge ist ihre Forschungswelt unsichtbar, denn ihr Interesse gilt der Welt der Zwerge, der Nanowelt - ein feines Haar wirkt in ihr wie ein dicker Baumstamm. Heute werden die Professoren Niek van Julst (Uni Twente, Niederlande), Ben Feringe (Uni Groningen, Niederlande), Justin Molloy (Uni York, England) und Martin Möller von der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen mit dem renommierten "Körber-Preis für die Europäische Wissenschaft" ausgezeichnet. "Das ist eine große Anerkennung, eine große Herausforderung und eine riesige Chance für die Zukunft", sagt Martin Möller, der sein Abitur in Hamburg-Blankenese und sein Vordiplom in Chemie an der Universität Hamburg absolviert hat. Mit dem Preisgeld von 750 000 Euro wollen die vier Forscher, die sich seit mehreren Jahren kennen, einen völlig neuen Motor bauen. Er soll nur so klein wie ein Molekül sein, sich gezielt in jede Richtung bewegen lassen und mit Licht betrieben werden. "Die Evolution hat das schon längst erfunden. In jeder Zelle sind kleine Motoren und Maschinen aktiv", sagt Professor Martin Möller. Sie räumen auf, reparieren, sorgen für Bewegung oder informieren die Nachbarn. Zu ihnen zählen "Motor-Proteine" wie das Eiweiß "Myosin", das bei jedem Zusammenziehen der Muskeln auf den langen Fäden des Eiweißes "Actin" entlanghastet. Oder "Kinesin", das auf winzigen Röhrchen (Mikrotubuli) in den Zellen läuft und so Bewegungsvorgänge in der Zelle erst ermöglicht. "Diese molekularen Motoren sind unser Vorbild", so der Forscher. Die "molekularen Spaziergänger", wie die Wissenschaftler ihre Motoren auch nennen, können vielseitig eingesetzt werden - beispielsweise könnten sie in der Medizin, Stoffe zum Einsatzort transportieren. "Zunächst allerdings werden wir Grundlagenforschung leisten", betont Professor Martin Möller und ergänzt: "Wir bauen keine kleinen Teufelchen." Das aber argwöhnen Kritiker der Nanoforscher, die sich der funktionellen Nanotechnologie widmen. Denn die Wissenschaftler, die aus der Chemie, Physik, Biologie, Materialkunde oder den Ingenieurwissenschaften kommen, wollen Produkte herstellen, die auch in Zellen aktiv sein können. Skeptiker fürchten Eingriffe in die Natur (des Menschen) - mit ungeahnten Folgen. Nanotechnologie umfasst aber noch weitere Forschungsansätze. So verfolgen einige Wissenschaftler beharrlich das Ziel, die Strukturen immer kleiner zu machen. "Dabei verändern die Teilchen ihre Eigenschaften und das wirft neue Fragen auf", erläutert Professor Martin Möller. So gelten in der Nanowelt die Gesetze der klassischen Physik nicht mehr und es müssen neue Techniken entwickelt werden, um sie zu erforschen und zu steuern. Seit Beginn der 80er-Jahre stehen mit dem Rastertunnelmikroskop und dem Rasterkraftmikroskop die Instrumente zur Verfügung, die den Blick in die Nanowelt ermöglichen. Diese Mikroskope haben aber keine Linsen und sie brauchen kein Licht. Vielmehr erfühlen sie die Oberfläche. Wie Blinde mit den Fingerkuppen lesen, so tasten sie mit einer feinen Sonde die Oberfläche ab. Trifft die Sonde auf ein Atom oder ein Molekül, wird sie abgelenkt. Diese Ablenkung wird registriert, und ein Computer errechnet, was das Mikroskop "gesehen" hat. Außerdem entwickelten die Forscher, basierend auf der Lasertechnik, Pinzetten. Mit ihrer Hilfe können Moleküle manipuliert und Kräfte, die zwischen zweien auftreten, gemessen werden. Und modernste Techniken erlauben es sogar, viele einzelne Moleküle gleichzeitig zu verfolgen. Dank dieser geballten Technik wächst auch die Kenntnis der Wissenschaftler über Nanopartikel, die schon immer in Cremes, Dispersionsfarben oder Sprays steckten, gewaltig. Jetzt können sie gezielt gestaltet und eingesetzt werden - beispielsweise in Sonnenschutzmitteln oder Skiwachs. "Die funktionelle Nanotechnologie ist für mich allerdings die größte Herausforderung für die Zukunft", sagt Professor Martin Möller. Mit dem Körber-Preis rückt die Zukunft ein Stück näher.