New Haven. Wasserströme aus weit entfernten Meeren könnten Abschmelzen der Eisdecke bewirken

    Aus einem Randmeer der Arktis strömt immer wärmeres Wasser ins Zentrum des Nordmeeres. Dies könnte zum Abschmelzen der dortigen Eismassen beitragen, so US-Forscher im Fachblatt „Science Advances“.

    Derzeit ist das warme Wasser in einer tieferen Wasserschicht gefangen, die sich aufgrund des unterschiedlichen Salzgehalts nicht mit der oberen Wasserschicht mischt. Sollte sich dies ändern, könne die gesamte Eisdecke abschmelzen, die die Region den Großteil des Jahres bedeckt, sagte Mary-Louise Timmermans von der Yale University. Sie hatte gemeinsam mit Kollegen eine Untersuchung im Kanadischen Becken im Zentrum der Arktis durchgeführt. Über dem Tiefseebecken liegt der Beaufortwirbel, eine windgetriebene Meeresströmung. Die Temperatur in der obersten Schicht des Beaufortwirbels schwankt im Laufe des Jahres erheblich.

    Darunter befindet sich eine zweite Schicht, die wärmer ist und deren Temperatur deutlich stabiler ist, weil die Sonne nicht dahin vordringt. Sie wird von Wasser gespeist, das unter anderem über die Hunderte Kilometer entfernte Tschuktschensee aus dem Pazifik herantransportiert wird. In den vergangenen 30 Jahren habe sich der Wärmegehalt im Kandi­schen Becken verdoppelt, so die Forscher. Modellrechnungen zeigten, dass die Erwärmung in der Tschuktschensee dafür verantwortlich ist. Weil dort die Eisdecke immer dünner geworden sei, komme es dort vor allem im Sommer zu einer starken Erwärmung des Oberflächenwassers. Das Wasser werde vom Beaufortwirbel ins Zentrum der Arktis transportiert, wo die Wärme quasi archiviert werde.

    Das bedeutet, dass die Auswirkungen des Meereis-Verlusts nicht auf die eisfreien Regionen selbst beschränkt bleiben, sondern zu einer zunehmenden Wärmeansammlung im Inneren des Arktischen Ozeans führen, was klimatische Auswirkungen weit über den Sommer hinaus haben könne, erläutert Timmermans. Noch sei die Wärme im Wasser unter der Oberflächenschicht gefangen. Sollte das Wasser an die Oberfläche gelangen, reiche die darin gespeicherte Wärme, um das Eis komplett abzuschmelzen.