Hamburg. Hamburger Forscher entwickeln Biomaterial mit Superkräften – aus Zellulose

    Wissenschaftler haben am Hamburger Forschungszentrum Desy das stärkste Biomaterial hergestellt, das je produziert worden ist. Die biologisch abbaubaren künstlichen Zellulosefasern seien stärker als Stahl und sogar als die Spinnenseide, die gemeinhin als das stärkste biologische Material gilt, teilte das Forschungszentrum am Mittwoch mit. Das Team um Daniel Söderberg von der Königlichen Technischen Hochschule (KTH) Stockholm stellte seine Arbeit im amerikanischen Fachblatt „ACS Nano“ vor. Die Forscher hatten die Röntgenlichtquelle Petra III des Forschungszentrums für ihre Arbeit genutzt.

    Das ultrastarke Material bestehe aus Zellulose-Nanofasern, den Grundbausteinen von Holz und anderen Pflanzen. Mit dieser neuen Produktionsmethode hätten die Forscher erfolgreich die besonderen mechanischen Eigenschaften der Nanofasern auf ein ma­kroskopisches Material übertragen, das sich außerdem durch sein geringes Gewicht auszeichne, teilte das Forschungszentrum mit.

    Das Team der Wissenschaftler schickte kommerziell angebotene ex­trem dünne Zellulose-Nanofasern durch einen ein Millimeter breiten Kanal in einem Stahlblock. Durch seitliches Einströmen von speziellem Wasser wurden sie zusammengepresst, sodass ein dicht gepackter Faden entstand. Die Nanofasern haften dabei ohne Klebstoff zusammen. „Die von uns hergestellten biobasierten Nanozellulosefäden sind achtmal steifer und einige Male zugfester als die Abseilfäden aus natürlicher Spinnenseide“, betont Söderberg. „Wenn man ein biobasiertes Material sucht, gibt es nichts wirklich Vergleichbares.“ Es sei auch stärker als Stahl und alle anderen Metalle oder Legierungen sowie als Fiberglas und die meisten anderen synthetischen Materialien.

    Die künstlich hergestellten Zellulosefäden lassen sich nach Angaben der Wissenschaftler zu einem Stoff für verschiedenste Anwendungen weben. Auch Fäden in größerer Dicke ließen sich fertigen. Die Produktionskosten des neuen Materials sollen dabei mit denen besonders fester synthetischer Stoffe konkurrieren können. Das Material könnte beispielsweise als umweltfreundliche Kunststoffalternative in Autos, für Möbel und in Flugzeugen genutzt werden. „Unser neues Material hat auch Potenzial für die Biomedizin, da Zellulose vom Körper nicht abgestoßen wird“, sagte Söderberg.