Reno. Forscher haben in Grönland in Bohrkernen Spuren der Antike gefunden

In Bohrkernen aus dem grönländischen Eis können Wissenschaftler den Aufstieg und Fall des Römischen Reiches sowie andere historische Ereignisse der Antike nachvollziehen. Im Eis finden sich Bleiablagerungen, die auf die Emissionen aus europäischen Blei- und Silberminen zurückgehen, berichten die Forscher in der Zeitschrift „Proceedings“ der Nationalen Akademie der Wissenschaften der USA. „Unsere Messungen zeigten, dass die Bleiverschmutzung in Grönland sehr eng mit Seuchenzügen, Kriegen, sozialen Unruhen oder imperialen Ausdehnungen im Europa der Antike zusammenhängen“, erläutert Joseph McConnell vom Desert Research Institute in Reno (USA).

In der Studie bewerteten die Forscher um McConnell in datierten Bohrkernen 21.000 Messungen aus dem 1900 Jahre umfassenden Zeitraum.

Die meisten Emissionen in dieser Zeit hingen mit dem Schmelzprozess bei der Herstellung von Silber zusammen, schreiben die Forscher. Es sei häufig aus Blei-Silber-Erzen gewonnen worden. Blei wurde Silber oft im Herstellungsprozess beigemischt. Silber war damals Hauptbestandteil der Münzen. Die Untersuchung der Emissionen erlaube deshalb Rückschlüsse auf die wirtschaftliche Aktivität.

Die Forscher zeigten mit Simulationen, dass die Strömungsverhältnisse in der Atmosphäre während der Antike nicht anders waren als im 20. Jahrhundert – die Emissionen konnten also mit dem Wind aus Europa nach Grönland gelangt sein. Dort setzten sie sich ab und wurden von Schnee und Eis überlagert.

Die Auswertung der Bohrkern-Messungen zeigte, dass die Blei-Emissionen um 900 vor Christus zu steigen begannen. Zur selben Zeit hatte sich das Phönizische Reich mit seinen Handelsrouten in den westlichen Mittelmeerraum ausgedehnt, schreiben die Wissenschaftler. Besonders auffällig seien die geringen Bleiemissionen in den letzten Jahrzehnten der Römischen Republik, einer Zeit, die von politischer Instabilität und wiederholten Kriegen geprägt war. So gingen die Emissionen mit dem Ausbruch des Ersten Punischen Krieges um 260 vor Christus steil nach unten.

Auch Seuchen beeinträchtigten die Produktivität eines Landes und die Emissionen, weil die Sterblichkeit hoch war, Menschen die Minen verließen und der Silberbedarf der Bevölkerung abnahm.