Davis/Potsdam . Bisher glaubten Forscher, das wichtige Element stamme nur aus der Atmosphäre

Stickstoff ist für das Leben auf der Erde unentbehrlich. Er lässt Pflanzen schneller wachsen. In der Landwirtschaft wird er daher oft künstlich zugesetzt. Im Übermaß können Ökosysteme dabei Schaden nehmen. Wie die Natur das Element reguliert, war bislang unklar. Forscher gingen davon aus, dass Stickstoff ausschließlich aus der Atmosphäre stammt. Sie besteht zu 78 Prozent daraus. US-Forscher haben jetzt eine weitere Quelle entdeckt: Große in Gestein gebundene Mengen Stickstoff werden offenbar durch Verwitterung freigesetzt. Die neue Erkenntnis dürfte sich auch auf Prognosen zum Klimawandel auswirken.

Das Team um Ben Houlton von der University of California in Davis hatte in den Klamath Mountains in Nordkalifornien einen Zusammenhang zwischen dem Stickstoffgehalt im Felsgestein und dem der umliegenden Bäume festgestellt. Sie berechneten, wie viel Stickstoff je nach Gesteins- und Landschaftstyp freigesetzt wird. Demnach setzt Verwitterung pro Jahr weltweit zwischen 19 und 31 Millionen Tonnen Stickstoff frei. Damit würden bis zu 26 Prozent der Stickstoffmenge, die schon in vorindustrieller Zeit zirkulierte, aus Gestein stammen, so die Autoren. Heute wären es – wegen hoher Stickstoffemissionen durch Verkehr und Industrie – bis zu 16 Prozent. „Unsere Studie zeigt, dass Stickstoffverwitterung eine weltweit bedeutende Quelle von Nährstoffen für Böden und Ökosysteme ist“, wird Houlton in einer Mitteilung seiner Universität zitiert. Allerdings schwanke der Stickstoffgehalt je nach Gesteinsart stark. Demnach enthält Sedimentgestein, das einen Großteil der Erde bedeckt, pro Kilogramm etwa 500 bis 600 Milligramm Stickstoff. Andere Gesteinstypen dagegen unter 100 Milligramm. Ob der Stoff tatsächlich freigesetzt werde, hänge aber von der Verwitterung ab. Diese variiere etwa je nach Struktur des Gesteins, Relief und Klima.

Diese Kalkulationen könnten auch zentral für Prognosen zum Klimawandel sein. Die Geologie könnte kontrollieren, welche Systeme das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) aufnehmen können und welche nicht, meint Houlton. „Wir glauben, dass dieser Stickstoff Wald und Grasland erlaubt, mehr CO2 aus Emissionen einzulagern als bisher gedacht.“