Pacific Grove. Auch entlegene Regionen bieten den Jägern keinen Schutz, wie eine Studie zeigt

Selbst in den entlegenen Regionen des Indischen Ozeans hat die Zahl der Haie einer Analyse zufolge in den vergangenen Jahrzehnten extrem abgenommen. Die Populationen etwa von Grauen Riffhaien und Silberspitzenhaien seien deutlich kleiner als sie unter natürlichen Bedingungen sein müssten, berichten Forscher im Fachblatt „Science Advances“. Diese Ergebnisse widerlegten die bisherige Annahme, dass die Bestände in vom Menschen weitgehend unberührten Regionen noch vergleichsweise natürlich seien.

Das Team um Francesco Ferretti von der Hopkins Marine Station der Stanford University in Pacific Grove (US-Staat Kalifornien) hatte die Bestände der beiden Haiarten um den Chagos-Archipel untersucht, eines der entlegensten Korallenriffe auf dem Planeten. Die Hai-Bestände um die Inselgruppe herum galten bis vor 40 Jahren als natürlich, berichten die Forscher in den Hintergrundinformationen ihres Fachartikels. So seien in den 1970er-Jahren Taucher bei jedem Tauchgang mehr als vier Haien begegnet. 30 Jahre später hätten sie nur auf etwa jedem zweiten Tauchgang überhaupt einen Hai gesichtet. Auch die Zusammensetzung der Arten habe sich geändert. Während zunächst Silberspitzenhaie und Weißspitzen-Riffhaie am häufigsten gesichtet wurden, kreisten 1996 hauptsächlich Graue Riffhaie und Indopazifische Ammenhaie um die Riffe. Zu den größten Bedrohungen für die Räuber gehöre illegale Fischerei, vor allem von kleinen Booten aus Sri Lanka, schreiben die Forscher.

Aus Polizeiberichten gehe hervor, dass solche Schiffe mindestens seit 1996 das Gebiet besuchten und dabei bis zu 25.000 Haie jährlich fingen. In umliegenden Gebieten des westlichen Indischen Ozeans gingen seit den 1950er-Jahren Fischereiflotten aus 22 Nationen auf Jagd nach Thun- und Schwertfisch und dezimierten dabei auch die Haibestände, durch Beifang, später auch durch gezielte Jagd. Schon 1970 war das Chagos-Archipel wohl nicht mehr in seinem weitgehend natürlich Zustand, vermuten die Forscher. Ihren Analysen zufolge lebten 2012 dort rund 570.000 Graue Riffhaie und damit nur etwa 79 Prozent des Bestandes, der unter natürlichen Bedingungen dort anzutreffen gewesen wäre. Die Zahl der Silberspitzenhaie lag 2012 bei knapp 32.000 Tieren – etwa sieben Prozent des natürlichen Bestandes.