boulder. Studie: Zwischen 1823 bis 2003 gab es alle 1,9 Jahre einen Konflikt mit vielen Toten

Der Zweite Weltkrieg gilt in der Friedensforschung als Zäsur. Viele Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Lehren daraus zu einer friedlicheren Welt geführt haben. Nun zeigt eine Studie, dass nach 1945 große Kriege tatsächlich seltener geworden sind, sich daraus aber kein Trend ableiten lasse. Das berichtet Aaron Clauset von der University of Colorado im Fachblatt „Science Advances“. Der Wissenschaftler begründet das mit einer statistischen Analyse aller zwischenstaatlichen Kriege von 1823 bis 2003. Die Analyse lege nahe, dass sowohl die beiden Weltkriege als auch die lange Zeit ohne Krieg zwischen mächtigen Staaten seit 1945 statistische Ausreißer seien.

Clauset wertete Daten des Projekts „Correlates of War“ zu Kriegen zwischen Staaten aus. Von 1823 bis 2003 sind dort weltweit 95 Kriege mit jeweils mindestens 1000 Toten verzeichnet. Die Anzahl der Toten steht für das Ausmaß des Krieges. Zudem analysierte Clauset die Dauer der Zeit zwischen den jeweiligen Kriegen.

Je nach Ausmaß teilt Clauset die Kriege in vier Viertel auf. Das Viertel mit den meisten Kriegstoten bezeichnet er als „große Kriege“, wobei der statistische Schwellenwert bei 26.625 Toten liegt. In der Zeit von 1823 bis 1913 begann durchschnittlich alle 6,2 Jahre ein solcher Krieg. Von 1914 bis 1939, also von Beginn des Ersten Weltkriegs bis Ausbruch des Zweiten, sank dieser Wert auf 2,7 Jahre. In der Zeit danach brach alle 12,8 Jahre ein großer Krieg aus. Zumindest bei diesen Konflikten sei also ein positiver Trend zu beobachten.

Betrachtet man aber alle analysierten Konflikte, ergibt sich ein anderes Bild: Als besonders lange Phase ohne Krieg nennt der Systemanalytiker die 18 Jahre zwischen Ausbruch des Russisch-Türkischen Kriegs von 1828/1829 und dem Mexikanisch-Amerikanischen Krieg, der 1846 begann. Seit dem Zweiten Weltkrieg habe es dagegen keine längere Friedenszeit gegeben als jene sieben Jahre zwischen Beginn des Französisch-Thailändischen Kriegs 1940 und dem Krieg zwischen Indien und Pakistan, der 1947 ausbrach. Für den Gesamtzeitraum von 1823 bis 2003 lag der statistische Mittelwert für die Zeit zwischen Kriegsausbrüchen bei 1,9 Jahren.

„Die Abwesenheit eines großen Kriegs zwischen großen Mächten und relativ wenige große Kriege seit Ende des Zweiten Weltkriegs ist eine unbestreitbare internationale Errungenschaft“, bilanziert Clauset. Von einer Trendwende könne man statistisch gesehen aber erst sprechen, wenn sich die Tendenz der vergangenen 70 Jahre noch etwa 100 Jahre fortsetze.