Karlstad/Berlin. Studie: Wer zur Schule kutschiert wird, ist oft müder, passiver und unzufriedener

Eltern, die ihre Kinder jeden Morgen mit dem Auto zur Schule fahren, verursachen nicht nur Chaos vor dem Schultor, sie können den Kindern auch schaden. Das ist Ergebnis einer Studie aus Schweden, bei der unter anderem Tagebucheinträge und die Ergebnisse kognitiver Tests ausgewertet worden sind.

Psychologin Jessica Westman von der Universität Karlstad hat Schüler aus 4., 6. und 8. Klassen in ihre Beobachtungen einbezogen. Das Ergebnis: „Die Autofahrt macht müde und passiv“, sagt Westman laut Mitteilung ihrer Universität. Sie senke Zufriedenheit und Leistung. „Am besten ist es, wenn die Schüler mit Freunden zur Schule kommen, laufen, Rad fahren oder im Schulbus.“ Kinder, die gebracht würden, verlören die Chance, die Umgebung auszukundschaften und mit anderen zu interagieren. „Dadurch werden sie weniger selbstständig und weniger sicher in ihrer Umgebung“, so Westman.

Wie in Schweden werden auch in Deutschland immer mehr Kinder zur Schule gefahren. In den 70er-Jahren machten sich noch mehr als 90 Prozent der Grundschüler allein auf den Schulweg. Im Jahr 2012 war es einer Forsa-Umfrage zufolge nur noch jeder zweite. Dabei ist die nächstgelegene Schule oft gar nicht so weit entfernt oder so schlecht erreichbar, dass Autofahrten nötig wären. Viele Eltern aber hätten Angst um ihre Kinder oder glaubten, ihnen einen Gefallen zu tun. „Ein Teil der Eltern kümmert sich zu viel um die Kinder und möchte jede Gefahr ausschließen“, sagt Psychologe Klaus Seifried. „Manche fahren ihre Kinder auch mit 16 Jahren noch täglich zur Schule.“ Dadurch nehme man Kindern Entwicklungsmöglichkeiten. „Es ist wichtig für Kinder, etwas selbst zu bewältigen, und sie müssen auch lernen, dass man sich für etwas anstrengen muss“, so Seifried. Taxi-Eltern hingegen sendeten ihren Kindern die gefährliche Botschaft: Das traue ich dir allein nicht zu.

Das Elternargument, Schulwege zu Fuß seien zu gefährlich, ist laut Deutscher Verkehrswacht statistisch widerlegt. Demnach verunglücken die meisten Kinder im elterlichen Auto, nicht als Fußgänger auf dem Schulweg. Wenn eine Autofahrt unbedingt nötig sei, rät Jessica Westman zu Fahrgemeinschaften mit Mitschülern. Sie betont: „Der Schulweg kann die Grundlage für den ganzen Tag legen.“