Ottawa. Astronomen analysierten 1000 Sterne in der Großen Magellanschen Wolke

Die Untersuchung einer Sternfabrik in unserer Nachbargalaxie zeigt, dass Riesensterne im Weltall häufiger vorkommen als bislang angenommen. Astronomen um Fabian Schneider von der Universität Oxford haben in der Großen Magellanschen Wolke rund ein Drittel mehr Monstersonnen gezählt als von der gängigen Theorie vorhergesagt. Die Forscher stellen ihre Analyse im Fachblatt „Science“ vor.

Die Wissenschaftler hatten mit dem Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte fast 1000 große Sterne im Tarantelnebel beobachtet, einem der größten bekannten Sternentstehungsgebiete, das die Katalognummer 30 Doradus trägt. Die detaillierte Analyse von rund 250 Sternen mit 15 bis 200 Mal der Masse unserer Sonne zeigte einen unerwarteten Überschuss an Schwergewichten. Die Forscher zählten 32 Prozent mehr Monstersterne mit mindestens 30 Sonnenmassen als aktuelle Modelle vorhersagen.

„Wir waren erstaunt, als wir bemerkt haben, dass 30 Doradus viel mehr massereiche Sterne produziert hat als erwartet“, sagt Schneider laut einer Mitteilung seiner Hochschule. Insbesondere hat die Astronomen überrascht, dass sich relativ viele Sterne bis zu einer Masse von 200 Sonnen finden ließen. Die Existenz solcher Monstersterne war umstritten, die neue Untersuchung deutet nun auf ein maximales Geburtsgewicht von 200 bis 300 Sonnenmassen für Riesensterne.

Die Untersuchung hat Bedeutung über die Statistik der Sterngrößen hinaus, denn große Sterne haben stärkeren Einfluss auf ihre kosmische Nachbarschaft als kleine. Sie erzeugen mehr ultraviolette Strahlung, produzieren mehr schwere chemische Elemente sowie stärkere Partikelströme, die in die Umgebung fließen. Da die größten Sterne die kürzesten Lebenszeiten haben, kommt es auch zu mehr Supernova-Explosionen. „Unsere Ergebnisse haben weitreichende Konsequenzen für das Verständnis unseres Kosmos“, so Schneider. „Es könnte 70 Prozent mehr Supernovae geben, der Ertrag an chemischen Elementen könnte dreimal so hoch liegen, und es könnte bis zu viermal so viel ionisierende Strahlung von Populationen massereicher Sterne geben.“ Zudem könnte die Entstehungsrate Schwarzer Löcher um 180 Prozent erhöht sein, was zu einem korrespondierenden Anstieg verschmelzender Schwarzer Löcher führe. Die Verschmelzung Schwarzer Löcher war kürzlich durch ihre Gravitationswellensignale entdeckt worden.