Madison. Messungen am Südpol könnten helfen, mehr über das Innere der Welt zu erfahren

Erstmals ist Physikern der experimentelle Nachweis gelungen, dass Neutrinos, extrem leichte Elementarteilchen, die von Supernova-Explosionen oder Gammastrahlen-Ausbrüchen in den Tiefen des Weltalls stammen, nicht alles durchdringen können. Die Teilchen, auch Geisterteilchen genannt, von denen jede Sekunde Billionen durch einen menschlichen Körper gehen, lassen sich durch den Erdkern stoppen. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler um Francis Halzen von der University of Wisconsin in Madison (USA), die am Südpol das „IceCube Neutrino“-Observatorium betreiben. Die Studie ist in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht.

„Keine früheren Experimente konnten überzeugend demonstrieren, dass energiereiche Neutrinos durch irgendetwas gestoppt werden könnten“, erklärt Ko-Autor Doug Cowen von der Pennsylvania State University in University Park (Pennsylvania, USA). Erst die jetzt ausgewerteten IceCube-Messungen von Mai 2010 bis Mai 2011 zeigten einen klaren Dämpfungseffekt durch die Erde.

Die IceCube Collaboration ist ein Zusammenschluss von mehr als 300 Wissenschaftlern aus 48 Institutionen in zwölf Ländern, auch aus Deutschland. In der Nähe des geografischen Südpols wurden 86 Ketten mit jeweils 60 basketballgroßen Detektoren tief im ewigen Eis versenkt. Weil die energiereichen Neutrinos elektrisch neutral sind, können die Detektoren sie nicht direkt aufspüren. Stattdessen registrieren sie schwache Lichtblitze, die Tscherenkow-Strahlung, wenn die Neutrinos auf Kernteilchen im Eis stoßen.

Die dreidimensionale Anordnung der Detektoren erlaubt es den Forschern, die Richtung und die Energie des Neutrinos, das den Lichtblitz hervorgerufen hat, zu bestimmen. Auch andere Wissenschaftler könnten davon profitieren: Geophysiker. Denn die Verteilung der gemessenen Neutrinos könnte Auskunft über das Innere der Erde geben, je nachdem, welchen Weg sie durch die Erde genommen haben. „Wir können nicht nur die Dichte des Kerns messen, sondern auch die Zusammensetzung, das Material, aus dem der Kern besteht“, so Halzen. Dafür benötigten die Forscher aber erheblich mehr Daten als in der aktuellen Studie verwendet. Geplant ist bereits ein Neutrino-Observatorium, das zehnmal so groß wie IceCube werden soll.