Berlin. Zahl der Übergewichtigen könnte laut Studie um zehn Prozent reduziert werden

Der Anteil stark übergewichtiger Menschen in Deutschland würde laut einer Studie der Universität Hamburg um zehn Prozent sinken, wenn ungesunde Lebensmittel höher als bislang besteuert würden, Obst und Gemüse hingegen gar nicht. Die Studie wurde im Auftrag mehrerer Gesundheitsorganisationen wie der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und Deutschen Adipositas Gesellschaft (DAG) durchgeführt und anlässlich des heutigen Weltdiabetestages vorgestellt.

Der Hamburger Ökonom und Studienleiter Tobias Effertz untersuchte anhand von Modellrechnungen vier Szenarien mit unterschiedlichen steuerlichen Staffelungen. Dabei bezog er das Ernährungsverhalten und die Gewichtsentwicklung der Bevölkerung mit ein.

Das „Ampel Plus“-System erwies sich als am erfolgver­sprechendsten: Obst und Gemüse würden gar nicht besteuert – sie stehen für das Grün in der Ampel. Orange steht für normale Lebensmittel wie Nudeln, Fleisch oder Milch. Sie sollten mit sieben Prozent Mehrwertsteuer belegt werden. Produkte, denen viel Zucker, Salz oder Fett zugesetzt wird – wie Fertiggerichte, Süßigkeiten oder Chips – würden mit 19 Prozent besteuert: Rote Ampel. Bislang werden die meisten Lebensmittel mit dem ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent belegt.

Das „Plus“ im System steht für eine zusätzliche Besteuerung von Softdrinks. Diese würden eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Adipositas spielen – mehr noch als Süßigkeiten, so der Ernährungsmediziner Hans Hauner von der TU München. Die Studie erwägt über die Schaffung einer neuen Mehrwertsteuerstufe eine Erhöhung des Steuersatzes für Softdrinks von heute 19 auf dann 29 Prozent.

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) ist inzwischen jeder vierte bis fünfte Deutsche stark übergewichtig. Eine besonders starke Zunahme bei der Zahl der Fettleibigen gab es unter jungen Menschen zwischen 18 und 29 Jahren. Starkes Übergewicht erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Krebs.

Die Idee einer stärkeren Regulierung der Lebensmittelpreise ist nicht neu. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Verbraucherorganisation Foodwatch eine Zucker-Abgabe für Getränkehersteller gefordert. Die Idee stieß auf geteiltes Echo. Während die Branche und das Bundesernährungsministerium ablehnend reagierten, begrüßten Gesundheitspolitiker aus den Reihen der Regierungskoalition den Vorschlag. Im Ausland ist man bereits weiter: Frankreich erhebt seit 2012 eine Steuer auf gesüßte Getränke. In Großbritannien müssen Getränkehersteller ab April 2018 eine Zucker-Abgabe zahlen.