Bochum. Forscher ersetzen fast die komplette Haut eines schwerkranken Jungen

Mit einer Gentherapie haben Mediziner einen kleinen Jungen von einer lebensbedrohenden erblichen Hautkrankheit geheilt. Sie entnahmen dem Kind dazu einige Hautzellen, schleusten im Labor eine gesunde Variante des bei ihm fehlerhaften Gens hinein und vermehrten die Zellen dann. Schließlich transplantierten sie die nachgezüchtete gesunde Haut auf fast die gesamte Körperfläche des Jungen. Er ist heute, knapp zwei Jahre nach dem Eingriff, weitgehend frei von Beschwerden. Die Forscher stellen ihre Therapie, die unter Leitung von Bochumer Wissenschaftlern erfolgte, im Fachblatt „Nature“ vor.

Das in der Studie vorgestellte Kind litt an einer Form der Erbkrankheit Epidermolysis bullosa, auch Schmetterlingskrankheit genannt. Dabei ist die obere Hautschicht, die Epidermis, nur unzureichend in der darunterliegenden Hautschicht, der Dermis, verankert. Schon kleinste mechanische Belastungen führen zur Blasenbildung und Ablösung der Haut, massive chronische Wunden sind die Folge. Das schränkt nicht nur die Lebensqualität enorm ein, es führt auch häufig zu Hautkrebs. Eine Heilung ist bisher nicht möglich.

Als der Junge 2015 mit sieben Jahren in die Bochumer Kinderklinik kam, waren bereits 60 Prozent seiner Hautoberfläche zerstört. Durch die schweren chronischen Wunden und Infektionen war er völlig ausgezehrt. Die üblichen Behandlungen schlugen nicht an, sodass im Grunde nur noch eine palliativmedizinische Behandlung infrage kam. Auf Wunsch der Eltern suchten die Ärzte nach experimentellen Therapiemöglichkeiten – und stießen auf die bisher kaum erprobte Gentherapie.

Herangezüchtet wurde das um den Erbgutfehler bereinigte Hautgewebe in Italien, in Deutschland wurde es transplantiert. Insgesamt ersetzten die Mediziner 80 Prozent der Haut ihres kleinen Patienten. „Zu Beginn der Behandlung lag der Junge wie eine Mumie in seinem Bett, er war von Kopf bis Fuß in Verbände gewickelt“, erzählt Tobias Rothoeft von der Kinderklinik in Bochum. „Heute ist seine Haut stabil, er geht zur Schule, spielt Fußball und kann ein weitgehend normales Leben führen.“ Verletzungen an der neuen Haut heilten bei ihm wie bei jedem anderen Kind. Es ist der erste Mensch, der so behandelt wurde. Wir müssen abwarten, ob auch weiterhin alles so gut verläuft“, sagt Tobias Hirsch vom Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikum Bergmannsheil, der den Jungen operiert hat.