Kairo. Forscher weisen mit kosmischen Strahlen eine 30 Meter lange Anomalie im Bau nach. Der Fund gibt neue Rätsel auf

Sie sind bekannt als das einzige erhaltene der sieben Weltwunder der Antike. Mehr als zwei Jahre haben Forscher die Pyramiden von Gizeh in der Nähe von Kairo in Ägypten mit spezieller Technik durchleuchtet. Nun haben sie in der ältesten und größten Cheops-Pyramide eine sensationelle Entdeckung gemacht: Ein Hohlraum, in etwa so groß wie der Rumpf eines Düsenfliegers.

Mithilfe von kosmischen Strahlen konnte die internationale Forschungsgruppe eine mindestens 30 Meter lange Anomalie in dem etwa 4500 Jahre alten Bauwerk nachweisen, wie sie in einem Beitrag der Fachzeitschrift „Nature“ am Donnerstag veröffentlichte. „Dies ist die erste größere Struktur, die seit dem 19. Jahrhundert im Inneren der Cheops-Pyramide entdeckt worden ist“, konstatieren Kunihiro Morishima von der Nagoya Universität in Japan und seine Kollegen. „Diese Ergebnisse sind ein Durchbruch für unser Verständnis der Großen Pyramide von Gizeh und ihrer internen Struktur.“

Es kann eine Kammer, ein Gang oder ein Schacht sein

Allerdings bleibt auch der Fund selbst noch ein Geheimnis: „Wir wissen nicht, was es mit dem Hohlraum auf sich hat“, sagte Mehdi Tayoubi, einer der Forscher. „Deswegen wollen wir auch nicht von einer Kammer sprechen.“ Es könne eine Kammer, ein Gang, ein Schacht sein. „Was wir bislang nur sicher wissen ist: Der Hohlraum ist da.“ Die Forscher hoffen, durch die Entdeckung neue Erkenntnisse über den Bau der Pyramide zu bekommen.

Im Oktober 2015 hatten Wissenschaftler unter Aufsicht des ägyptischen Antikenministeriums damit begonnen, die Pyramide von Pharao Khufu (griechisch: Cheops) zu durchleuchten. Die Struktur der Pyramide, mit Königs- und Königinnenkammer und der großen Galerie, ist den Forschern bekannt. Mithilfe bildgebender Techniken, die die Substanz des 139 Meter hohen und 230 Meter langen Bauwerks nicht berühren, sollte aber nach bisher nicht bekannten Kammern und Gängen gesucht werden. Mit Drohnen, Infrarottechnik und 3-D-Rekonstruktionen untersuchten die Wissenschaftler das antike Bauwerk. Myonen-Detektoren überraschten die Forscher schließlich, denn sie zeigten eine bisher unbekannte Abweichung.

Myonen sind Elementarteilchen und ein Nebenprodukt kosmischer Strahlung. Ähnlich wie Röntgenstrahlen beim menschlichen Körper könnten diese Elementarteilchen selbst Hunderte Meter Stein durchdringen, so die Forscher. Bereits in den 1960er-Jahren versuchten Wissenschaftler, mit dieser Technik neue Gänge und Kammern in den ägyptischen Pyramiden zu finden. Heute wird die Technik unter anderem auch dafür genutzt, Vulkane zu untersuchen. Und auch bei Untersuchungen des havarierten Kernkraftwerkes in Fukushima kamen Myonen-Detektoren zum Einsatz.

In der unten in der Pyramide liegenden Königinnenkammer stellten die Forscher Fotoplatten auf, um die Myonen einzufangen und den zentralen Bereich der Pyramide zu untersuchen. Wie erwartet hätten sich auch die darüber liegende Königskammer und die schräg verlaufende Große Galerie abgezeichnet. Aber eben auch der Hohlraum direkt darüber, der bislang noch nicht bekannt war. „Wir müssen die interne Struktur der Pyramide verstehen“, sagte Hani Helal von der Universität von Kairo, der ebenfalls an dem Forschungsprojekt beteiligt ist. „Dass wir den neuen Hohlraum gefunden haben, kann uns dabei helfen zu verstehen, in welchen Schritten die Pyramide gebaut worden ist.“

Experten wissen bis heute nicht, wie sie gebaut wurden

Seit Tausenden Jahren ranken sich Mythen um die Entstehung der Pyramiden. Forscher sind sich nicht einig, wie sie gebaut worden sind. „Ob es Stein für Stein war oder mithilfe einer inneren oder einer äußeren Rampe“, sagt Helal, „ohne Beweise bleibt das alles Hypothese“. Die Forschungen sollen helfen, Antworten zu liefern. Um aber nicht selbst Hypothesen aufzustellen und dadurch möglicherweise bestimmte Theorien mehr zu stützen als andere, sei man sehr vorsichtig, was die Bedeutung und Bezeichnung des Hohlraumes betreffe.