Ispra. EU-Kommission hält drastischen Anstieg der Todesopfer durch Hitze für möglich

Wetterbedingte Katastrophen bedrohen am Ende des Jahrhunderts möglicherweise jedes Jahr etwa zwei Drittel der Europäer. Durch extreme Wetterereignisse könnten von 2071 bis 2100 in der Europäischen Union, der Schweiz, Norwegen und Island jährlich sogar 80.000 bis 240.000 Menschen sterben. Diese drastischen Zahlen stammen aus einer Studie des Joint Research Centre der Europäischen Kommission im italienischen Ispra. Die Forschergruppe um Giovanni Forzieri veröffentlichte ihre Prognose in der Fachzeitschrift „The Lancet Planetary Health“.

„Der Klimawandel ist eine der größten globalen Bedrohungen für die menschliche Gesundheit im 21. Jahrhundert“, sagte Forzieri. Die Wissenschaftler hatten 2300 Berichte über die Folgen von extremem Wettergeschehen aus den Jahren 1981 bis 2010 ausgewertet. Diese Daten, unter anderem vom weltgrößten Rückversicherer Munich Re, verbanden sie mit Modellberechnungen für Klimaänderungen und die Bevölkerungsentwicklung bis zum Jahr 2100.

Während der Zeit von 1981 bis 2010 sind den Angaben zufolge im Schnitt 3000 Europäer durch Wetterkatastrophen gestorben. Ohne weitere Anpassungen könnten es von 2041 bis 2070 jährlich etwa 48.000 bis 180.000 sein und von 2071 bis 2100 jährlich etwa 81.000 bis 240.000.

Forzieri und Kollegen bezogen die sieben gefährlichsten Extremwetterereignisse ein: Überschwemmungen an Flüssen und an der Küste, Dürren, Waldbrände, Stürme sowie Kälte- und Hitzewellen. Allerdings sind Hitzewellen mit Abstand am gefährlichsten: Nach den Berechnungen könnten in den letzten 30 Jahren des Jahrhunderts 99 Prozent der wetterbedingten Todesopfer auf hohe Temperaturen zurückzuführen sein.

Deshalb ist das Risiko, von extremen Wetterereignissen betroffen zu sein oder gar dadurch zu sterben, sehr ungleich in Europa verteilt: In Südeuropa werde im Durchschnitt nahezu jeder einmal pro Jahr wetterbedingte Katastrophen erleben. In Zentraleuropa (Deutschland, Schweiz, Österreich, Tschechien) werde es 64 Prozent der Bevölkerung treffen, in Nordeuropa nur 36 Prozent.