Kiel. Forscher untersuchten erstmals das natürliche Phänomen und fanden Lachgas

Sauerstoff im Meer ist nicht nur für Organismen lebenswichtig, seine Abwesenheit beeinflusst auch die Atmosphäre. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Kieler Exzellenzclusters „Ozean der Zukunft“ und des Geomar Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel hat bislang unbekannte Prozesse im Atlantik entdeckt: Erstmals konnten die Forscher nahezu sauerstofffreie Wirbel im Atlantik untersuchen.

Die Wirbel haben einen Durchmesser von bis zu 100 Kilometern und wandern von der westafrikanischen Küste westwärts durch den Ozean, schreiben die Forscher im Fachjournal „Scientific Reports“. Die betroffenen Regionen produzieren dabei erhebliche Mengen des klimaschädlichen Treibhausgases Distickstoffmonoxid (Lachgas).

Die Wirbel entstehen, wenn nährstoffreiches Tiefenwasser durch Meeresströmungen an der Küste Westafrikas in obere Wasserschichten gespült wird. Im Inneren der Wirbel sind viele Nährstoffe, sodass sich dort zahlreiche Lebewesen bilden. Sterben diese ab, wird viel Sauerstoff verbraucht.

Die Wirbel im Atlantik seien der Forschung bislang entgangen, da sie im Gegensatz zu den großen, stationären Sauerstoffminimumzonen nur sehr kleinräumig und räumlich sehr variabel sind, erklärte der Erstautor, Damian Grundle vom Bermuda Institute of Ocean Sciences. Solche Wirbel seien nur schwer zu erkennen, geschweige denn zu untersuchen.

Im Jahr 2010 habe ein Wirbel eine vor der kapverdischen Insel São Vicente verankerte Beobachtungsstation gestreift und den ersten Hinweis auf die Existenz der Wirbel gegeben. 2014 sei mithilfe eines Satelliten vor der Küste Mauretaniens ein potenzieller Ozeanwirbel entdeckt worden, der Richtung Kapverden wanderte. Kurz vor den Inseln konnten Forscher Proben entnehmen. Danach gab es in 100 Meter Tiefe die höchsten Lachgaswerte, die je im Atlantik gemessen worden waren.

„Wir müssen unser Verständnis der Stoffkreisläufe im Atlantik jetzt diesbezüglich anpassen“, sagte Grundle. Das Phänomen der sauerstoffarmen Wirbel gebe es natürlicherweise an den Osträndern der Ozeane, etwa auch vor Chile und Peru, sagte Steffen. „Ob der Klimawandel einen Einfluss darauf hat, ist völlig unklar.“ Die sich in den Meeren ausbreitenden großen, stationären Sauerstoffminimumzonen werden dagegen durchaus mit dem Klimawandel in Zusammenhang gebracht.