Salvador. Tumore plagen die Grüne Meeresschildkröte, vielerorts ist sie schon verschwunden

Durch ein Herpes-Virus erkranken immer mehr Schildkröten an der sogenannten Fibropapillomatose. Dabei wachsen den Reptilien Tumore. Sie ist seit den 1930er-Jahren wissenschaftlich beschrieben. Seit den 1990er-Jahren beobachten Forscher eine weltweite Verbreitung. Die Grüne Meeresschildkröte steht mittlerweile kurz vor dem Aussterben.

Weltweit gibt es sieben Meeresschildkrötenarten, die in subtropischen und tropischen Gewässern leben. Sechs von ihnen führt die Weltnaturschutzunion IUCN auf ihrer Roten Liste. Bei der siebten Art ist die Datenlage zu dünn, um dies beurteilen zu können. Die Grüne Meeresschildkröte, die im Volksmund auch Suppenschildkröte und wissenschaftlich Chelonia mydas genannt wird, ist in einigen Gegenden schon nicht mehr vorhanden, etwa an der Küste Israels oder im Gebiet der Kaimaninseln. „Das Aussterben ist leider ein realistisches Szenario“, sagt Mathias Ackermann, Virologe an der Universität Zürich. Das geschehe zwar nicht in erster Linie wegen des Erregers. Doch das Virus setzt den Tieren zusätzlich zu, beschleunigt so die Abnahme der Populationen. Er erforscht die Krankheit und sucht unter anderem einen Impfstoff gegen die Viren. Dazu ist er regelmäßig auf Hawaii. Dort sind fast 90 Prozent der Meeresschildkröten von Tumoren befallen. „Es gibt beträchtliche regionale Unterschiede“, erklärt Ackermann. So breite sich das Phänomen aktuell in der Karibik und an der Südküste der USA – in Texas und Florida – stark aus, erklärt der Virologe. Er spricht von einer Panzootie, dem tierischen Pendant einer Pandemie.

Wird eine Schildkröte infiziert, wachsen ihr Tumore, meist außen, oft in der Nähe von Augen und Mund. Obwohl die Tumore nicht per se tödlich sind, können die jagenden Arten in der Wahrnehmung so beeinträchtigt werden, dass sie nicht mehr in der Lage sind, auf Beutejagd zu gehen, oder zu fressen. Manche verhungern darum, andere ersticken. Viele Tiere mit Tumorbefall weisen zudem im Inneren Tumore auf. Befallen sind meist Herz, Lunge oder Nieren. Es sind vor allem junge Tiere, zwischen zehn und zwanzig Jahren, die erkranken. In diesem Alter stehen sie kurz vor der Geschlechtsreife. Von rund 1000 Schildkröteneiern erreicht im Schnitt ohnehin nur ein Jungtier das Alter der Geschlechtsreife. Alle anderen werden als Ei oder auf dem Weg vom Strand ins Meer gefressen, oder sie dienen später anderen Tieren als Beute. Viele Meeresschildkröten landen zudem immer noch auf der Speisekarte oder ersticken als Beifang in den Netzen der Fischindustrie.

Eine Möglichkeit könnte sein, die Tiere zu impfen. Doch so weit ist die Forschung noch nicht. „Man kann das Virus bislang nicht in Zellkultur isolieren“, sagt Ackermann. Aber das wäre nötig, um Antikörper gegen den Erreger herstellen zu können. Tierschützer sehen die Impfung von Wildtieren hingegen kritisch. Ob sich die Grüne Meeresschildkröte noch anders retten lässt, bleibt abzuwarten.