Cambridge. Die extremen Fähigkeiten der winzigen Insekten machen sie zu Jagd-Künstlern

Eine kleine Raubfliege beeindruckt Wissenschaftler mit ihren Jagdkünsten. Die Winzlinge nutzen eine ausgefeilte Flugstrategie, um vorbeifliegende Beute abzufangen, berichtet ein internationales Forscherteam im Fachmagazin „Current Biology“. Grundlage sei ihre extreme Sehschärfe. Die selbst nur etwa sechs Millimeter großen Raubfliegen könnten Beutetiere unter zwei Millimeter Größe aus einer Entfernung von mehr als einem halben Meter sehen.

Das Team um Trevor Wardill von der britischen Universität Cambridge hatte die Raubfliegen der Art Holocephala fusca in ihrem natürlichen Lebensraum mit Hochgeschwindigkeitskameras gefilmt. Mithilfe einer speziellen Apparatur ließen die Forscher bis vier Millimeter große, an einer Angelschnur angebrachte Kügelchen – vermeintliche Beutetiere – an den sitzenden Fliegen vorbeiziehen. Diese gingen daraufhin zum Angriff über. Während sie die Verfolgung aufnahmen, hielten sie zunächst einen ganz bestimmten Kurs, mit dem sie dann punktgenau mit dem Beutetier zusammengetroffen wären.

Diese Strategie ist im Tierreich nicht unbekannt. Doch die Raubfliegen gehen noch gewitzter vor als andere Jäger: Nachdem sie sich ihrer Beute auf knapp 30 Zentimeter genähert hatten, bremsten sie ab und änderten ihre Flugbahn, bevor sie die Beute attackierten. Dieses Manöver erhöhe die Trefferchancen, schreiben die Forscher.

Ermöglicht werde die Taktik durch die extreme Sehstärke der Raubfliegen. Ihre Facettenaugen verfügten an einer zentralen Stelle über eine sogenannte Fovea, einen Punkt, an dem das Sehen am schärfsten ist. Sie erlaube den Raubfliegen die Wahrnehmung auch winziger Beutetiere.

„Wir wussten, dass diese Fliegen im Vergleich zu anderen Zweiflüglern ein besseres Sehvermögen besitzen, aber dass sie damit selbst zehnmal größeren Libellen im Hinblick auf die räumliche Auflösung überlegen sind, hätten wir nicht gedacht“, sagte Studienleiterin Paloma Gonzalez-Bellido. „Wir haben gezeigt, dass die Anpassungen, die selbst ein winziges Nervensystem unter starkem Druck hervorbringen kann, dem Tier Lösungen ermöglichen, die wir sonst nur größeren Tieren zusprechen.“