Pittsburgh/Heidelberg. Hirnchip lässt Querschnittgelähmten Berührung in Hand-Prothese spüren

Mit einem Hirnchip haben Forscher bei einem querschnittgelähmten Mann den Eindruck von Gefühlen einer Hand erzeugt. Mit dem Implantat konnte der 28-Jährige, der seit zehn Jahren gelähmt ist, Berührungen an einer Handprothese spüren und recht zuverlässig den jeweiligen Fingern zuordnen. Diese haptische Rückmeldung ist äußerst nützlich, um etwa beim Greifen eines Plastikbechers nicht zu viel Druck auszuüben. Das Team um Robert Gaunt von der University of Pittsburgh hatte dem Mann zwei Chips mit jeweils Dutzenden Mikroelektroden in das für körperliche Empfindungen zuständige Areal der Großhirnrinde eingepflanzt, wie im Fachblatt „Science Translational Medicine“ berichtet wurde. Ein unabhängiger Experte spricht von einer bislang einmaligen Studie.

Ein wesentliches Ziel bei der Behandlung von Querschnittgelähmten oder Menschen nach Armamputationen ist das Wiederherstellen von Greiffunktionen mit Neuroprothesen. Dafür ist jedoch wichtig, dass die Patienten ihre Bewegungen nicht nur visuell kontrollieren, sondern auch über ein haptisches Feedback spüren. Um dies zu erreichen, pflanzten die Forscher dem Patienten zunächst zwei Felder mit jeweils 60 Elektroden in den Bereich der Großhirnrinde ein, der für die sensorische Wahrnehmung der rechten Hand zuständig ist.

Bei elektrischer Aktivierung der Elektroden hatte der Mann ab der vierten Woche den Eindruck von Gefühlen, die von einem großen Teil des Zeigefingers dieser Hand und vom gesamten vorderen Teil der Innenhandfläche zu kommen schienen – nicht allerdings von den Fingerspitzen. Die Empfindungen empfand der Patient zu 93 Prozent als „irgendwie natürlich“. Zudem konnte er die Reize unterschiedlichen Stellen der Hand zuordnen.

In einem zweiten Schritt wurden ihm mit Hilfe von Sensoren Signale einer Armprothese direkt ins Hirn eingespeist. Berührungen an der Prothese konnte er den jeweiligen Fingern überwiegend richtig zuordnen. Diese Fähigkeit blieb über den gesamten Verlauf der sechsmonatigen Versuche erhalten. Die Studie zeige, dass sich durch die Anregung des entsprechenden Hirnbereichs Tastempfindungen hervorrufen ließen, so die Autoren. Zudem werde diese Wahrnehmung als natürlich
empfunden. „Insgesamt legen diese Resultate nahe, dass die intrakortikale Mikrostimulation ein vielversprechender Ansatz ist, um Körpergefühl
künstlich wiederherzustellen“, betonen sie.