Lausanne/Washington. Bier mit Krone schwappt weniger. Das könnte auch die Raumfahrt für sich nutzen

Die Maßkrüge auf dem Oktoberfest bergen ein Mysterium: Schwappendes Bier kommt schneller zur Ruhe, als es der Theorie zufolge dürfte. Ursache sind sogenannte Kapillarkräfte, wie Physiker um François Gallaire von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne nun herausgefunden haben. Sie stellen ihre Untersuchungen im US-Fachblatt „Physics of Fluids“ vor.

Jede schwappende Flüssigkeit verliert Energie, sodass die Wellen in ihr kleiner und kleiner werden. Der herkömmlichen Theorie zufolge läuft dieser Prozess exponentiell ab: Die Wellen werden zwar immer kleiner, kommen aber nie ganz zur Ruhe. Die Beobachtung zeigt dagegen, dass das Schwappen irgendwann aufhört.

Um dem Phänomen auf den Grund zu gehen, untersuchten Gallaire und seine Kollegen schaumbedeckte Flüssigkeiten. Frühere Untersuchungen hatten bereits gezeigt, dass der Schaum das Schwappen stark dämpft. Grund dafür sind die Kapillarkräfte. Sie sind eine Folge der Oberflächenspannung in der Flüssigkeit und etwa die Ursache dafür, dass Flüssigkeiten in der Regel ein kleines Stück die Wand ihres Behälters hinaufkriechen.

Durch theoretische Analysen und praktische Experimente stellten die Physiker nun fest, dass die Kapillarkräfte zwischen den Schaumbläschen besonders in der Nähe der Behälterwände zu einem Druckgefälle führen. Dieses Druckgefälle sorgt für kleine Bewegungen in der Flüssigkeit, die dem Schwappen entgegenwirken. Überraschenderweise wird diese Dämpfung umso stärker, je langsamer die Wellen werden. „Wir haben etwas gesehen, das wir nicht glauben konnten“, schildert Gallaire in einer Mitteilung des American Institute of Physics. Unter Berücksichtigung der Kapillarkräfte sagt die neue Theorie nun korrekt voraus, dass eine schwappende Flüssigkeit nach einer endlichen Zeit zur Ruhe kommt. Das gilt nicht nur für Bier, Cappuccino und Badewannenwasser, sondern für jede Flüssigkeit. Ohne Schaum ist die Dämpfung nur viel schwächer. Diese Erkenntnis habe auch praktischen Nutzen, so die Forscher. Sie hoffen, damit den Transport von Flüssigkeiten sicherer zu machen. So könnte schwappendes Öl in einem Tanker oder schwappender Flüssigtreibstoff in einem Raketentank ein gravierendes Risiko für diese Vehikel darstellen.