Berlin/Reutlingen. Augenfehlstellung kann Zeichen für Sehbehinderung sein. Frühe Therapie wichtig

Schon unmittelbar nach der Geburt erkunden Babys mit ihren Augen die Welt. Aber sie müssen alles erst üben. Eltern sollten in dieser Phase, aber auch in späteren Jahren ihr Kind genau beobachten, rät Prof. Klaus Rüther, Berliner Facharzt für Augenheilkunde. „Kommt ihnen dabei nur der geringste Verdacht, dass das Kind schielt, sollte dies unbedingt augenärztlich untersucht werden.“

Beim Schielen – oder medizinisch Strabismus – liegt eine Fehlstellung eines Auges vor. Oft gibt es hierfür eine familiäre Veranlagung. Ursache können auch einseitige Linsentrübungen oder in seltenen Fällen Tumore im Auge sein. „Schielen ist immer bedenklich, wenn es nicht nur ganz vorübergehend, zum Beispiel bei Müdigkeit, auftritt“, sagt der Reutlinger Kinder- und Jugendarzt Till Reckert. Beim parallelen Sehen werden Bilder, die jedes Auge wahrnimmt, im Gehirn zu einem dreidimensionalen Sehen zusammengefügt, wie Rüther erläutert. Blickt nun ein Auge in eine andere Richtung, dann können im Gehirn die Seheindrücke nicht zu einer Einheit werden. Es kommt zu einer Doppelsichtigkeit. Das kindliche Gehirn will solche Doppelbilder ausschalten und unterdrückt den vom schielenden Auge übermittelten Seheindruck. Es kann sich eine Sehschwäche beim nicht benutzten Auge entwickeln. „Je früher eine solche Schielschwachsichtigkeit entdeckt und therapiert wird, desto besser sind die Heilungschancen“, betont Rüther. Unbehandelt bleibt die Schielschwachsichtigkeit ein Leben lang bestehen. Betroffene haben ein höheres Erblindungsrisiko und können längst nicht jeden Beruf ausüben.

Eltern sollten ihr Kind spätestens zwischen dem 30. und 40. Lebensmonat vorsorglich augenärztlich untersuchen lassen, empfiehlt Rüther. Sind in der Familie Fehlsichtigkeiten oder Schielen bekannt, sollte die Untersuchung bereits am Ende des ersten Lebensjahres erfolgen.