Gross Pampau. Hobby-Forscher finden nördlich von Hamburg elf Millionen Jahre alte Überreste eines Meeressäugers

Eine Gruppe von Hobbypaläontologen hat ein schätzungsweise elf Millionen Jahre altes Robbenskelett in einer Kiesgrube nördlich von Hamburg ausgegraben. Der Fund in Groß Pampau sei eine kleine Sensation, sagte Grabungsleiter Gerhard Höpfner am Sonnabend bei der Vorstellung der Knochen. Weltweit gebe es bisher kaum vergleichbare Funde aus dieser Zeit.

Seit 1984 haben die Freizeitforscher um den pensionierten Berufsschullehrer in der Grube bereits zehn Skelette von Walen und Haien gefunden. Die Tiere schwammen nach ihren Erkenntnisse in der Ur-Nordsee, die damals weite Teile Norddeutschlands bedeckte. Nun präsentierte das Grabungsteam eine nahezu komplette Hinterflosse, Wirbel, Rippen, Schädelteile, dazu Zähne und einen Oberarmknochen der Robbe, die im sogenannten mittleren Miozän lebte. „Das Tier war etwa 1,70 Meter lang und dürfte zu einer Art gehört haben, die den heute lebenden Robben ähnelt, so aber nicht mehr vorkommt“, sagte Uwe Havekost. Er hatte die ersten Knochen im Januar in der Kiesgrube entdeckt.

„Ich war wie elektrisiert, als mich da aus dem Glimmerton plötzlich ein Knochen anguckte. Beim zweiten Knochen wusste ich, dass der nicht von einem Wal stammen konnte, und als ich schließlich einen Zahn fand, wusste ich, dass ich auf eine Robbe gestoßen war“, schilderte Havekost den Moment der Entdeckung. Der Industriemeister für Metallbearbeitung aus Langwedel in Niedersachsen ist seit Jahren Mitglied im ehrenamtlichen Grabungsteam um Höpfner. „Ein Robbenskelett aus dem Miozän ist hundertmal seltener als ein Walskelett“, sagte Höpfner.

Die uralten Robbenknochen selbst lassen sich nicht genau datieren. Aussagen über das Alter dieser Überreste machen die Hobbyforscher deshalb auf der Grundlage einer Studie, die vor Jahren von Mitarbeitern des ehemaligen Geologischen Landesamts in Kiel durchgeführt worden war. Diese hatten bei Bohrungen in der Schicht, in der nun die Robbenknochen gefunden wurden, Überreste einer Planktonart entdeckt, die vor mindestens 10,7 Millionen Jahre lebte. So schließen die Forscher um Höpfner indirekt auf das Alter der Robbenknochen.

Es ist eine geologische Besonderheit, die die Kiesgrube von Groß Pampau zu einer paläontologischen Fundstätte macht. Statt in 120 Meter Tiefe liegt der ehemalige Meeresboden samt der darin eingeschlossenen Fossilien hier nur etwa elf bis fünf Meter unter der Erdoberfläche.

Durch den Kiesabbau werden tiefere Schichten sichtbar

Woran das liegt, erläuterte Oliver Hampe, der als Kurator für fossile Säugetiere und Geologie am Berliner Museum für Naturkunde arbeitet und die Funde aus Pampau wissenschaftlich begutachtet. „Unter der Tonschicht, in die die Tiere nach ihrem Tod eingesunken sind, liegt ein Salzstock. Der drückt die darüber liegenden Bodenschichten ganz langsam nach oben“, sagte Hampe. Durch den Kiesabbau werden die über dem Ton liegenden Bodenschichten abgetragen und die Skelette werden sichtbar.

Hampe, der auch für die Veröffentlichung der wissenschaftlichen Ergebnisse zuständig ist, bestätigt die Bedeutung der Kiesgrube. „Groß Pampau ist eine sehr ergiebige und wissenschaftlich bedeutende Lagerstätte, die in Mitteleuropa einmalig ist.“

Zuletzt hatten die Hobbypaläontologen um Gerhard Höpfner 2014 für Aufsehen gesorgt. Damals präsentierten sie das Skelett eines Wals, der wohl auch vor elf Millionen Jahren lebte. Das erste Knochenteil – etwa fünf Zentimeter lang und 50 Gramm schwer – hatte der Hamburger Andreas Malchow entdeckt, der im Hauptberuf als Architekt arbeitet. In monatelanger Arbeit legte das Team in der Kiesgrube von Groß Pampau dann weitere Überreste des Wals frei, die zusammen 500 Kilogramm wiegen und zusammengesetzt acht Meter lang sind. Vollständig ist das Skelett nicht. Die vorhandenen Knochen lassen aber darauf schließen, dass der Wal etwa 15 Meter lang war.

Während der Grabungen fanden die Forscher auch noch Überreste einer Meeresschildkröte sowie 160 Muscheln und Schnecken, die vermutlich in der gleichen Zeit lebten wie der Wal.

Derzeit gebe es Überlegungen, einen Vortragssaal im Lübecker Museum für Natur und Umwelt zu einer Ausstellungsfläche umzubauen, um die Funde aus den vergangenen Jahren dauerhaft der Öffentlichkeit zu präsentieren, sagte Gerhard Höpfner. Dort könnten dann bald neben dem Walskelett auch die Überreste der Ur-Robbe zu sehen sein. Die Gemeinnützige Sparkassenstiftung zu Lübeck hat finanzielle Unterstützung zugesagt.