Oxford. Forscher: Küken sind ebenso gut oder besser als Primaten nach intensivem Training

Entenküken können abstrakt denken. Sie sind in der Lage, zwischen „gleich“ und „anders“ zu unterscheiden und dieses Verständnis auf neue Situationen zu übertragen, berichten Forscher der University of Oxford im Fachblatt „Science“. Bisher sei diese Fähigkeit nur dem Menschen zugeschrieben worden – oder höchstens einigen wenigen Tierarten nach intensivem Training.

Für ihre Untersuchung hatten Antone Martinho III und Alex Kacelnik das unter anderem von Gänsen und Enten bekannte Prinzip der Nachfolgeprägung ausgenutzt: Nach dem Schlüpfen folgen die Küken demjenigen, der am nächsten in ihrer Umgebung ist und sich bewegt. In der Regel ist das die Mutter. Man kann Enten aber auch auf einen Fußball prägen.

Die Forscher zeigten nun frisch geschlüpften Küken entweder zwei gleiche oder zwei unterschiedliche Objekte. Etwa zwei identische Kugeln und zwei Objekte mit unterschiedlicher Form. Nach einer 25-minütigen Prägungsphase und einer Pause folgte die Testphase. Die Wissenschaftler präsentierten den Küken nun neue Objekte, die ebenfalls entweder gleich oder anders waren.

Das Ergebnis: Küken, die auf „gleich“ geprägt waren, folgten gleichen Objekten, selbst wenn diese anders aussahen als die Objekte der Prägungsphase. Sie rannten also lieber zwei identischen Pyramiden hinterher als einem Kegel und einem Rechteck. Das Ganze funktionierte sowohl mit Formen als auch mit Farben bei etwa zwei Dritteln aller Küken. Die Tiere seien also in der Lage, Objekte nicht nur zu erkennen, sondern Zusammenhänge zwischen ihnen herzustellen, die Beziehung zu verallgemeinern und auf neue Situationen zu übertragen, folgern die Wissenschaftler. Die Küken seien in dieser Aufgabe genauso gut oder sogar besser als Primaten nach intensivem Training.

Für junge frühreife Vögel sei diese Kompetenz biologisch sinnvoll. Ein Küken sei auf die Nähe zur Mutter und den Geschwistern angewiesen. Erstelle es zum Auffinden der Verwandten eine Art Bibliothek von Sinnesreizen und logischen Regeln, erhöhe das die Wahrscheinlichkeit, dass Mutter und Geschwister mit großer Zuverlässigkeit identifiziert würden, erläutern Martinho und Kacelnik.