Hamburg. Hamburger Forscher untersuchen, ob Meeres-Ökosysteme wie der Benguela-Strom auf den Klimawandel reagieren.

Vor der Westküste des südlichen Afrikas strömt der kalte Benguelastrom Richtung Äquator. Dies ist eine der fischreichsten Regionen der Erde. In den 1980er-Jahren gingen die Fischbestände im Benguelagebiet jedoch rapide zurück. Statt der ursprünglich in großer Zahl vorkommenden Schwarmfische wie Sardine und Hering zogen die Fischer Massen an Quallen aus dem Meer. Den Menschen in Angola, Namibia und Südafrika ging eine wichtige Einnahmequelle verloren. Könnte das bereits eine Folge des Klimawandels gewesen sein?

Weltweit arbeiten Wissenschaftler daran, das Benguelagebiet und dessen Veränderungen zu analysieren. Viele Teilprozesse werden dabei untersucht, um das große Puzzle zusammenzusetzen. Im Zentrum meiner Forschung steht die Frage, wie die dortigen Ökosysteme auf den globalen Klimawandel reagieren.

Das Benguelagebiet ist eines der großen ozeanischen Auftriebsgebiete, in denen Wasser aus der Tiefe nach oben steigt. Der Auftrieb ist ein komplexes Zusammenspiel von Winden und der Bewegung des Ozeans durch die Drehung der Erde. Der hier stetig wehende Südostpassat treibt das Oberflächenwasser seewärts. Zum Ausgleich strömt an der Küste kaltes Wasser aus Tiefen bis zu 200 Metern an die Meeresoberfläche und bringt große Mengen Nährstoffe mit. Dadurch vermehren sich pflanzliche und tierische Organismen und schaffen eine optimale Nahrungsgrundlage für Fische.

In unserem Forschungsprojekt konnten wir jetzt einige Puzzleteile des Benguelaauftriebs zusammensetzen. Mit meiner Kollegin Nele Tim habe ich zunächst untersucht, wann genau das Wasser wohin strömt. Mit Daten aus Meeressedimenten, Wetteraufzeichnungen und Computersimulationen konnten wir zeigen, dass der Auftrieb nicht immer gleich verläuft. Es gibt sowohl Schwankungen zwischen den Jahreszeiten als auch über längere Zeiträume von Jahren bis zu Jahrzehnten. Gleichzeitig gibt es Unterschiede zwischen dem nördlichen und südlichen Benguelagebiet.

Anschließend untersuchten wir die Windverhältnisse. Sie sind die Antreiber der Wasserbewegungen. Wir werteten Größen wie Luftdruck und die Intensität der wassernahen Windströmungen statistisch aus. Die Ergebnisse zeigen, dass drei Faktoren den Auftrieb im Benguelagebiet intensivieren: ein verstärktes Hochdruckgebiet über dem Südatlantik, ein kräftig wehender Südostpassat und ein starker Luftdruckunterschied zwischen dem Ozean und dem angrenzenden Land. Diese Faktoren beeinflussen maßgeblich die Wasserzirkulation und damit die Nährstoffversorgung der Organismen. Schwächt sich beispielsweise das Hochdruckgebiet über dem Südostatlantik ab, weht auch der Südostpassat weniger stark, und der Auftrieb geht zurück.

Um zu ermitteln, wie der Klimawandel diese Prozesse beeinflusst, hat Nele Tim mit Rechenmodellen die vergangenen 1000 Jahre analysiert. Demnach sind die natürlichen Schwankungen der Windverhältnisse so groß, dass die Auswirkungen des menschgemachten Klimawandels bisher nicht ins Gewicht fallen. Steigen die Treibhausgasemissionen bis 2100 allerdings weiter wie bisher, könnte das den Auftrieb deutlich verstärken, mit bisher unbekannten Folgen für das gesamte Ökosystem.