Hannover. Die anfängliche Begeisterung über die Rückkehr der Tiere weicht zunehmender Besorgnis

Der Konflikt zwischen Schäfer und Wolf ist uralt, aber in Deutschland war er fast 200 Jahre lang nur noch in Märchenbüchern ein Thema. Nach der Wiedervereinigung haben sich die Tiere rasant ausgebreitet. „Bundesweit sind vermutlich knapp 400 frei lebende Tiere unterwegs“, sagt Wildbiologin Britta Habbe, die bei der Landesjägerschaft Niedersachsen für die systematische Beobachtung zuständig ist. Das wären mehr als doppelt so viele wie noch vor drei Jahren. Zunehmend meldeten sich 2015 auch Kritiker dieser Entwicklung zu Wort.

Die meisten Wölfe ziehen hierzulande nach Angaben des Lupus-Instituts für Wolfsmonitoring und -forschung durch Sachsen, Brandenburg, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. „Es leben wieder rund 31 Rudel, acht Paare und sechs Einzeltiere mit eigenen Territorien bei uns“, sagt Lupus-Leiterin Ilka Reinhardt. Die ersten seien vor 15 Jahren aus Polen nach Sachsen gekommen. Von dort hat sich Canis lupus dann in Deutschland vor allem Richtung Nordwesten ausgebreitet. „Im Süden und Südwesten ist auf jeden Fall mit einer Besiedlung aus der Alpenregion zu rechnen – schon jetzt beobachten wir immer wieder einzelne Wanderwölfe aus Norditalien, Frankreich und der Schweiz.“

Wölfe nähern sich Menschen bis auf wenige Meter

Für Reinhardt macht eine Bejagung keinen Sinn: „Dem Schäfer hilft es nicht dauerhaft, wenn man einen Wolf erlegt. Viel wichtiger ist es, ihn bei Schutzmaßnahmen zu unterstützen.“ Die Expertin plädiert für Monitoring, Herdenschutz und Öffentlichkeitsarbeit. Das sei wichtig für die Akzeptanz in der Bevölkerung. Nicht nur getötetes Vieh sorgte immer wieder für Schlagzeilen, auch zeigten sich Wölfe mehrfach weit weniger scheu als erwartet. So lässt sich im schleswig-holsteinischen Mölln ein Wolf am helllichten Tag kaum beim Reißen von Schafen stören, und in Niedersachsen kommen die Mitglieder eines auf dem Truppenübungsplatz Nord bei Munster lebenden Rudels bis auf wenige Meter an Menschen heran.

Die Debatte über den Wolf wird hitzig geführt, oft stehen sich Befürworter und Gegner unversöhnlich gegenüber. „Es gibt bei uns zwei Wolfsbilder“, sagt dazu Buchautor Eckhard Fuhr. „Einmal ist da der böse Wolf aus den Märchen“, sagt er. Auf der anderen Seite stehe das ebenso überzogene Bild vom Wildnisheiligen. „Es gibt im Moment keine Anzeichen dafür, dass Wölfe bei uns ein unangemessenes Verhalten zeigen“, sagt Fuhr.
„Wenn sich aber ein Tier auffällig verhält, so muss man konsequent Gegenmaßnahmen ergreifen, die auch auf die Tötung des Tieres hinauslaufen können.“